Menschenrechts-Versagen: Politik verweigert Aufnahme syrischer Flüchtlinge
(Kommentare: 2)
Während die Bundesregierung und auch Bundeskanzlerin Merkel persönlich immer wieder versichern, dass Deutschland den Menschen in Syrien beistehe, ist die Realität eine andere:
Gerade einmal 20000 Menschen aus Syrien möchte die Bundesregierung eine sichere Einreise und einen temporären Aufenthalt ermöglichen. Einreisen durften bisher fast ausschließlich diejenigen, die über Verwandte in der Bundesrepublik Deutschland verfügen, die zusicherten, die Kosten vollauf zu übernehmen. Ihre Zahlungsfähigkeit müssen die Verwandten gegenüber den Ausländerbehörden darlegen.
Von einer großzügigen Aufnahme und echter Hilfeleistung für syrische Flüchtlinge kann also keine Rede sein.
Auf der Webseite von →"Pro Asyl" lassen sich die Bestimmungen der Bundesländer zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien nachlesen. Demnach gelten folgende Regelungen und Restriktionen (wörtlich, aber teilweise gekürzt entnommen von der Webseite):
- Zuzug nur zu Verwandten in Deutschland, die einen deutschen Pass oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzen und mindestens seit 1.1.2013 hier leben. Menschen ohne syrische Staatsangehörigkeit (z.B. syrische Kurden) werden nur in Thüringen und NRW berücksichtigt.
- Die aufzunehmenden Personen müssen sich in Syrien oder den Anrainerstaaten inklusive Ägyptens befinden. Personen, die sich in EU-Staaten aufhalten, sind von der Aufnahme ausgeschlossen.
- Begünstigt sind Ehegatten, Eltern und Kinder, Verwandte zweiten Grades (Großeltern, Enkel oder Geschwister) sowie deren Ehegatten und minderjährigen Kinder. In einigen Ländern können auch Personensorgeberechtigte dieser Kinder aufgenommen werden.
- Die Angehörigen in Deutschland müssen unterschreiben, dass sie sämtliche Lebensunterhaltskosten aller Flüchtlinge hier tragen. In den meisten Bundesländern können sich auch Dritte (Freunde, Bekannte, Organisationen) zur Kostenübernahme verpflichten. Die Ausländerbehörden führen eine Bonitätsprüfung durch zum Nachweis, dass die Verpflichtungsgeber über ausreichendes Einkommen für die Familie hier und die nachziehenden Verwandten verfügen.
- In vielen Ländern sind die Kosten für die Krankenversorgung von der Verpflichtungserklärung ausgenommen: Brandenburg, Berlin, Bremen, NRW, Sachsen Anhalt, Thüringen, inzwischen auch in Niedersachsen, Hessen, nur in Härtefällen Rheinland Pfalz. Nach dem IMK-Beschluss von Juni 2014 sollte das in allen Ländern der Fall sein (ist es aber wohl noch nicht). Die Aufgenommenen erhalten im Bedarfsfall Krankenleistungen nach AsylbLG.
- Das besondere Visumverfahren wird in einem Merkblatt des Auswärtigen Amts beschrieben: Danach beantragen die Angehörigen in Deutschland die Vorabzustimmung zur Visumserteilung bei der örtlichen Ausländerbehörde, die Behörde schickt das Papier zur entsprechenden Botschaft und diese lädt wiederum selbst die Angehörigen vor Ort zu einem Termin ein.
- Die Bremische Bürgerschaft hatte am 25.09. beschlossen, geflüchteten Minderheiten / Familienangehörigen aus dem Irak und Syrien eine Aufnahme in Bremen auf der Grundlage des §23 Abs. 1 AufenthG zu ermöglichen, ohne dass eine Verpflichtungserklärung von Dritten unterschrieben werden muss. Der Beschluss ... erfordert jedoch eine Zustimmung des Bundesinnenministeriums ... Diese ist offenkundig bislang nicht erfolgt. Auch die Innenminister der Länder haben sich bei ihrer Konferenz am 12.12.2014 nicht auf weitere Aufnahmen verständigt.
Hilfe sieht anders aus
In Anbetracht der Not der Menschen in Syrien, des zunehmenden Zerfalls dortiger gesellschaftlicher Strukturen, des schrankenlosen ISIS-Terrorismus, der Hunderttausenden Toten und Millionen Vertriebenen, sind die dargestellten Restriktionen und Ausführungsbestimmungen inakzeptabel. Offenbar geht es nicht um eine echte Hilfe für Menschen aus Syrien, sondern um ein Alibi, hinter dem man sich als vorgeblich Hilfe leistender Staat bequem verstecken kann.
Die minimale Anzahl von Menschen aus Syrien, die in der Bundesrepublik Deutschland nach einem komplizierten bürokratischen Verfahren vorläufig Schutz erlangt, sollte aber den Blick nicht ablenken von der menschenverachtenden →Politik der Abschottung, die durch die Bundesrepublik Deutschland im Einklang mit den anderen Staaten der Europäischen Gemeinschaft weiterhin praktiziert wird. Es handelt sich um einen eisernen Vorhang der Flüchtlingsabwehr, der sich im Hinblick auf die Anzahl der zu Tode kommenden Menschen als noch tödlicher zeigt als der eiserne Vorhang der früheren realsozialistischen Staaten.
Während der →Libanon bereits 1,5 Millionen Flüchtlingen aus Syrien aufgenommen hat, während immer mehr verzweifelte Menschen versuchen, Tod, Verschleppung, Folterung, Vergewaltigung und Versklavung zu entgehen, hält es die Bundesrepublik Deutschland für angemessen, hierauf mit der Aufnahme einer nur geringen Anzahl an Menschen unter äußerst restriktivien Bedingungen zu reagieren. Derweil setzt sich das →Ertrinken auf dem Mittelmeer tagtäglich fort. Die Opfer sind keineswegs nur Opfer von Krieg und Schleppern, sondern sie sind Opfer einer westeuropäischen Politik der Flüchtlingsabwehr, die die Seerettungsaktion "mare nostrum" gerade dann streichen ließ, als sie am meisten gebraucht wurde. Hieran hat sich auch die schwarz-rote Bundesregierung beteiligt und es geschah im vollen Wissen darum, dass weitere Tote die Folge sein würden.
Unter dem Motto →"Wie viele Tote noch - Seenotrettung jetzt" bittet Pro Asyl um Unterstützung einer an den Präsidenten des Europäischen Parlamentes gerichteten Email-Appells. Alle, denen das Leben von Menschen wichtig ist, seien gebeten, diesen Email-Appell zu unterzeichnen.
Die Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien ist eine →moralische Verpflichtung, der die Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht wird. Hiergegen wendet sich die Online-Petition →„Luftbrücke Syrien“.
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Kommentar von Heisinger Beate |
Ja, es ist wirklich schlimm . .dass die EU (nicht nur
die Bundesrepublik) VIEL ZU WENIG unternimmt . .!!!!
Kommentar von Claudia Scheuerer |
Es ist menschenverachtend, Menschen in existenz-
bedrohten Situationen Hilfe zu verweigern, sie bewusst
ihrem wahrscheinlichen Tod zu überlassen. Es ist
die Pflicht der EU, alles zu tun, um diesen Menschen
zu helfen besonders angesichts der eigenen Verantwortung bzgl. für die Umstände, die zu Flucht
führen.