Salzhemmendorf: Eine Schulklasse kämpft gegen die Abschiebung ihrer Mitschüler aus Syrien
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Die Bilder von den Demonstrationen der Pegida und anderer Fremdenfeinde oder auch die Forderungen des Innenministers Thomas de Maizière nach mehr Abschiebungen, sollten nicht den Blick darauf verstellen, dass es in Deutschland ebenfalls Menschen gibt, für die die Begriffe der Menschlichkeit und Solidarität noch eine Bedeutung haben.
Ein Beispiel hierfür ist die Schülerhaft der Kooperativen Gesamtschule in Salzhemmendorf, die sich gemeinsam mit ihren Eltern und Lehrern für ihre Mitschüler aus Syrien einsetzt, denen nach traumatischer Flucht die Abschiebung nach Slowenien droht:
Gemeinsam bauen sie um ihre beiden Mitschüler Marwan und Mohamad eine menschliche Wand, die ihre Entschlossenheit symbolisiert, sie vor Abschiebung zu schützen. Auf der Facebook-Seite der Initiative SaveKraja dokumentieren die Schüler ihr Engagement und stellen dort auch regelmäßige Aktualisierungen ein. Wer die Schüler unterstützen möchte, kann sich von dortaus mit ihnen in Verbindung setzen.
Es wäre zu wünschen, dass in den Massenmedien nicht nur die Bilder der Pegida und Fremdenfeinde, sondern auch dies Bild der Menschlichkeit die Verbreitung fände, die ihm gebührt.
Der Fall lenkt auch den Fokus auf die die Dublin-II-Regelung, die Flüchtlinge oftmals zwingt, in Ländern Asyl zu beantragen, wo der Flüchtlingsschutz noch weniger gewährleistet wird als bei uns, rechtliche Möglichkeiten noch stärker begrenzt sind und Kinder durch jahrelange mangelnde schulische Förderung dauerhaft den Anschluss zu verlieren drohen.
Im Interview erklärt Alina Baum, Mitglied der engagierten Schülergemeinschaft, warum die Schüler der Kooperativen Gesamtschule Salzhemmendorf für ihre bedrohten Mitschüler einstehen, warum sie nicht aufgeben werden, aber auch, was sie von ihren Mitschülern aus Syrien lernen konnten:
Wer seid ihr und wofür setzt ihr euch ein?
Wir sind eine Gruppe aus Schülern und Lehrern der KGS Salzhemmendorf. Mittlerweile haben sich allerdings auch Außenstehende gefunden die uns unheimlich unterstützen und uns helfen möchten. Wir setzen uns dafür ein, dass Marwan, Mohamad und seine Familie hier in Deutschland bleiben dürfen.
Warum kämpft ihr als Schüler für Marwan und Mohamad?
Wir kämpfen für Familie Kraja, weil wir uns vorstellen können wie schrecklich es sein muss von Land zu Land zu reisen. Schließlich kann die Familie sich nicht einfach irgendwo ungestört niederlassen und einfach ihr Normales Leben leben. Außerdem möchten wir natürlich unseren Freunden Marwan und Mohamad helfen!
Wie reagieren eure Lehrer und Eltern?
Unsere Lehrer und Eltern reagieren äußerst positiv auf unsere Aktionen, sie stehen voll und ganz hinter uns und unterstützen uns so weit sie können.
Was habt ihr bisher alles versucht, um Marwan und Mohamad zu helfen?
Unsere erste Aktion war eine Kundgebung vor der Schule, natürlich nicht innerhalb der Schulzeit. Bei dieser Aktion wollten wir erst mal alle Schülerinnen und Schüler unserer Schule auf die Situation aufmerksam machen, falls sie es noch nicht mitbekommen haben. Zu diesem Termin erschien auch ein lokaler Radiosender, welcher einen Bericht über unsere Aktion sendete. Des weiteren haben wir Kontakt zu politischen und juristischen Personen aufgenommen.
Gab es bereits irgendwelche Reaktionen auf eure Aktionen
Die Mehrheit ist äußerst positiv überrascht und wir bekommen viel positives Feedback. Wir bekommen auch viel Unterstützung von außen und lokale Medien haben bereits über uns berichtet.
Die betroffene Familie, Foto: Initiative SaveKraja
Könnt ihr uns etwas über die Familie erzählen?
Die Familie Kraja besteht aus sieben Personen. Mutter und Vater sind gelernte Zahnärzte und würden hier in Deutschland gerne studieren, um den Beruf ich hier ausführen zu können. Sie haben fünf Kinder, welche den Kindergarten, die Grundschule und den Gymnasialzweig der KGS Salzhemmendorf besuchen. Die Familie ist sehr engagiert und bemüht, sich zu integrieren und Deutsch zu lernen.
Warum ist die Familie aus Syrien geflohen?
Familie Kraja musste aus Syrien fliehen da sie dort in einem Bürgerkriegsgebiet gelebt haben und die Situation für die ganze Familie, besonders für die Kinder sehr gefährlich war.
Wisst ihr etwas über die Umstände der Flucht?
Die Familie hatte geplant, nach Schweden zu fliehen. Die Flucht war sehr gefährlich und ging über den Landweg mit dem Auto zunächst in den Libanon. Von dort aus konnte die Familie ein Flugzeug in die Türkei nehmen. Etwas über zwei Wochen blieben sie dort, bis sie eine Möglichkeit fanden, nach Schweden weiter zu reisen. Sie nahmen zunächst einen Flieger nach Slowenien, aber wurden dort von der Polizei festgehalten, so dass sie in ein Asylbewerberheim in Slowenien mussten. Aber es war dort sehr schrecklich. Marwan und sein Vater flohen und wurden von einigen Leuten verfolgt. Seine Mutter und sein Bruder mussten alleine weitere 5 Tage in dem Asylbewerberheim bleiben, bis sie mit dem Taxi und dem Zug nach Schweden fahren konnten. Dort durften sie aber ebenfalls nicht bleiben und gelangten so nach Deutschland, wo sie erst einmal Schutz gefunden haben. Die Familie hat fast ihr ganzes Geld für die Flucht ausgegeben.
Was waren die Gründe, dass die Familie nicht in Slowenien geblieben ist?
Die Familie ist nicht in Slowenien geblieben, da die Sicherheit für die ganze Familie nicht da war. Außerdem gab es kaum Weiterbildungsmöglichkeiten.
Wie haben sich Marwan und Mohamad hier eingelebt?
Familie Kraja sollte aus Schweden ausgewiesen werden. Sie kamen dann mit dem Zug aus Schweden nach Deutschland. Sie haben sich hier sehr gut eingelebt. Als Marwan und Mohammed vor ca. 7 Monaten zu uns kamen, haben sie alles versucht, um sich zu integrieren. Sie haben sich wortwörtlich mit Händen und Füßen verständigt. Mittlerweile haben die beiden schon gute Deutschkenntnisse und verstehen sehr viel.
Marwan und Mohamad sollen mit ihrer Familie Deutschland verlassen und nach Slowenien zurückkehren - was bedeutet dies für sie, ihre Familie und euch?
Für die Familie würde es bedeuten, dass sie wieder reisen müssen, wieder in ein neues Land, mit einer neuen Sprache und somit auch ein weiterer Schicksalsschlag. Ich denke, dass Slowenien nicht den gerechten Schutz für diese Familie bieten kann und die Weiterbildungsmöglichkeiten dort einfach nicht dieser Familie gerecht werden können. Für uns würde es bedeuten, dass wir wundervolle Menschen verlieren, die wir sehr lieb gewonnen haben. Marwan und Mohamad haben uns klar gemacht, dass man, egal was kommen mag, weiter kämpfen muss und stark sein soll! Die gesamte Familie sind Kämpfernaturen, die es verdient haben, nun auch mal zur Ruhe zu kommen und sich niederlassen zu können.
Gibt es juristische Möglichkeiten, um etwas gegen die Ausweisung zu tun?
Der letzte Beschluss des Verwaltunsgerichtes Hannover hat ihren Antrag auf ein deutsches Asylverfahren abgelehnt. Die Ablehnung des Verwaltunsgerichtes ist eine unanfechtbare Entscheidung.
Seid ihr im Kontakt mit der Ausländerbehörde, Politikern oder der Presse?
Ja sind wir, unsere Schulleitung nahm den Kontakt mit der Ausländerbehörde auf und wir als Schüler haben den Kontakt zu Politikern und der Presse aufgenommen. Wir haben schon viele Politiker erreicht, welche auch voll und ganz hinter uns stehen.
Könnte die Kirche helfen? Habt ihr da schon einmal gefragt?
Ich denke die Kirche wird etwas tun können. Die Gespräche mit Vertretern sind am laufen, deshalb können wir hierzu zum jetzigen Zeitpunkt keine genaueren Angaben machen.
Es gibt Leute, die sagen, dass Menschen, wie Marwan und Mohamad, eine Belastung für die deutsche Bevölkerung seien. Wie seht ihr das?
Natürlich gibt es in Deutschland immer wieder Menschen, die gegen Asylbewerber sind. Das haben wir, durch sehr unqualifizierte Kommentare unter unseren Beiträgen auch zu spüren bekommen. Diese Menschen verallgemeinern das Ganze und denken, die Leute kommen nur nach Deutschland um die Sozialgelder zu beziehen. Wir finden es ziemlich unfair, dass alle Asylbewerber gleich so abgestempelt werden. Die Beleidigungen die uns und die Familie Kraja bei Facebook erreichen lassen uns kalt und zeigen uns wie Voreingenommen diese Menschen sind und bestätigen uns, dass wir als Schüler sehr viel mehr Verstand besitzen.
Wie kann es weitergehen?
Wir werden auf jeden Fall weitere und größere Aktionen planen. Wir versuchen noch mehr Aufmerksamkeit von der Öffentlichkeit zu bekommen und versuchen Druck zu machen.
Was können unser Leser und Leserinnen tun, um Marwan und Mohamad zu unterstützen?
Am meisten ist Marwan, Mohamad und deren Familie zu helfen, wenn die Geschichte der Familie Kraja weitererzählt und geteilt wird. Vielleicht würden sogar ein paar zu unseren nächsten Aktionen kommen. Genaue Termine stehen allerdings noch nicht fest. Wir sind für jede Unterstützung dankbar.
Wir wünschen Marwan, Mohamad, allen anderen Familienangehörigen und all denen, die sich für diese Familie in Not einsetzen, viel Glück und den verdienten Erfolg. Hier noch einmal der Link zur Facebook-Seite der Initiative SaveKraja.
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Kommentar von Carla Thiemann |
Immer weiter so, wir müssen diesen Teufelskreislauf in dem sich diese Familien befinden, durchbrechen. Es ist schon schwierig genug sich zu integrieren. Der Anfang ist gemacht und es muss weiter gehen. Ich finde das sehr mutig was ihr macht.
Kommentar von Koehnen |
Gründet doch eine Petition, wo die Leute sich eintragen können, mit Angabe von Gründen (Nachfrage, wie so was geht, z.B. bei Change.org) "Ich bin dafür, dass die Familie hier bleiben kann, weil ..." und dann mit Name und e-Mail-Adresse einfordern. Das hat doch bei anderen Aktionen auch geholfen. Das ist das einzige, was mir im Moment einfällt und relativ schnell zu organisieren ist.
Kommentar von S. Bohnert |
Wünsche allen Beteiligten viel Erfolg.
Kommentar von Hallermann I. |
Ja, so eine Petition bei Change.org würde ich unbedingt empfehlen! Das zieht schnell größere Kreise.
Danke für Euer tolles Engagement!
Syrien braucht auch besonders unsere Gebete!
Kommentar von Rene G.-M. |
Gesetz ist Gesetz, und wenn die Familie zuerst in Slowenien war dann ist das halt so.
Kommentar von Berger |
Es mag sein, dass die Gesetze so sind, aber diese Gesetze sind schlecht. Change.org würde ich auch empfehlen. Hier sollen übrigends Zahnärzte abgeschoben werden und uns fehlten Ärzte um die Flüchtlinge gut zu betreuen. Das ist doch auch absurd.
Kommentar von K. Appold |
Es ist toll, dass sich eine ganze Schule für Flüchtlinge einsetzt. Wir leben in einem der reichsten Länder der Erde und haben eine moralische Verflichtung zu helfen. Es muss erkannt werden, dass Flüchlinge auch eine Chance sind für Gegenden die stark an Bevölkerungsrückgang und Überalterung leiden.
Kommentar von H.M.Schneider |
Ich finde es ganz toll wie ihr euch für eure Freunde einsetzt. Sollte es ein deutscher Richter wagen, tatsächlich einen Abschiebungshaftbefehl zu erlassen, dann solltet ihr wieder diese Menschenmauer um Familie Kraja. Was sollte dann schon passieren? Im schlimmsten Fall würde sich die Polizei mit Wasserwerfern da durch kämpfen. Aber ich denke ehr, dass der Medienrummel, der dann im Umkreis entstünde, eine weitere Schutzmauer bilden würde. Und es käme endlich mal eine Diskussion über den Zynismus unserer Flüchtlingspolitik auf.
Kommentar von Karl Kirst |
Glückwunsch zu dieser Aktion! Und viel Erfolg!
Ein kleiner Tippfehler-Hinweis: Unter dem ersten Bild steht: "Ein Beispiel hierfür ist die Schülerhaft(!) ..." - "Schülerschaft" soll es wohl heißen ;-)
Kommentar von hannelore zander |
Seit menschlich, lasst die familie hier !!!!!!
Kommentar von Corina buro\ ronja buro |
Sind auch der Meinung das die Familie hier bleiben sollte vor allem haben sich sogut integriert und deutsch gelernt...halten sich an regeln und Gesetze . haben Freunde gefunden und das zu zerstören wäre das schlimmste was man machen kann.. Meine Tochter ( auch wenn deutsche ) hats durch Freunde zu verlieren und neu anzufangen was ihr sehr schwer fiel . also macht weiter so ..steh zu euch :-)