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"Kampf gegen die Schlepper" – warum dieser den Flüchtlingen nicht helfen kann

(Kommentare: 2)

Als Antwort auf das Massensterben im Mittelmeer soll nun Krieg gegen die Schlepper geführt werden. Doch eine Politik, die als Antwort auf das Massensterben auf den Kampf gegen Schlepperei setzt, ist zum Scheitern verurteilt. Der Artikel nennt die Gründe:

 

Schlepperei ist nur Folge der Fluchtbewegungen

 

Die große Mehrheit der weltweiten Fluchtbewegungen entsteht aus Kriegen oder Bürgerkriegen. Dies macht bereits die Liste der Hauptherkunftsländer deutlich. Auf den ersten 10 Plätzen befinden sich ausschließlich Länder, in den Kriege, Bürgerkriege oder mindestens größere bewaffnete Konflikte herrschen. Dies müsste keineswegs so sein, zumal die Flucht aus friedlichen Ländern viel einfacher wäre. Reine Armutsflucht scheint insofern selten zu sein. Die Schlepperei trägt zu den Ursachen der Kriege und Bürgerkriege nicht substantiell bei, auch wenn ein kleiner Anteil der Einnahmen durchaus in die Finanzierung von Milizen und Terrororganisationen fließen mag. Mehrheitlich handelt es sich bei der Schlepperei um ein Geschäft, welches auf der Basis entsteht, dass Menschen aus Kriegs- und Bürgerkriegsländer fliehen, ihnen aber Fluchtmöglichkeiten durch die Zielländer verbaut werden. Seit Menschheitsgedenken versuchen Menschen, Barrieren zu überwinden, wenn sie sich ihnen in den Weg stellen. Je fundamentaler das Motiv der Flucht, desto stärker die Bemühungen. Ein Kampf gegen die Schlepper würde also nicht an den Ursachen der Flucht, sondern allein an ihren Folgen ansetzen.

 

Schlepper werden sich wehren

 

Der Drogenhandel hat es längst gezeigt, dass auf Kriegserklärungen mit Gegenwehr reagiert wird. Zehntausende Tote sind allein in Mexiko die Folge. Gewonnen wurde dieser Krieg noch nirgendwo. Je stärker die Schlepper mit polizeilichen, geheimdienstlichen und militärischen Mitteln bekämpft werden, desto stärker werden sie sich selbst geheimdienstartig und militärisch organisieren. Die Gewinnspannen werden steigen und die Hauptrisiken werden auf die Fußsoldaten delegiert, unter ihnen selbst Flüchtlinge, die so hoffen, ihr Überleben zu sichern. Ein engeres Bündnis der Schlepper mit Terrorgruppen wird eine weitere Folge sein.

 

Keine Bündnispartner vor Ort

 

Der größte Teil der Bootsflüchtlinge startet die Überfahrt von Libyen aus. Mit wem gemeinsam will man dort aber die Abfahrt der Boote verhindern? Libyen ist eine zerfallene Gesellschaft. Die westliche Militärintervention in Libyen war unüberlegt und hat Öl in das Feuer in der arabischen Welt gegossen. Rückblickend ist klar, dass bereits damalige dunkle Prophezeiungen Wirklichkeit geworden sind. Der Sturz des libyschen Diktator Gaddafi durch NATO-Staaten im Bündnis mit heterogenen Milizen, unter ihnen al-Qaida Kräfte, hat weltweit den islamistischen Terrorismus gefördert und in den betreffenden Gebieten die Lebensbedingungen der Bevölkerung dramatisch verschlechtert. Die schweren Menschenrechtsverletzungen unter Gaddafis gelangten nach seinem Sturz in Libyen zur regelrechten Explosion. Im Ergebnis haben zwei Millionen von insgesamt sechs Millionen Libyern ihr Land verlassen, es herrschen zwei Regierungen und zwei Parlamente, ein oberstes Gericht entscheidet in Geiselhaft, verschiedenste Milizen herrschen mit Willkür und Terror, der Islamische Staat (ISIS) erhebt immer mehr sein Haupt. Die Basis für eine mit Landesbehörden koordinierte Bekämpfung der Schlepper ist in Libyen nicht gegeben.

 

Katastrophale Folgen für Flüchtlinge

 

Vor wenigen Tagen ließen ISIS-Terroristen in Libyen am Strand und im Süden in der Sahara Christen aus Äthiopien enthaupten und erschießen. Die Opfer waren offenbar Flüchtlinge, die es zu den Booten nicht geschafft hatten. In Libyen sitzen bis zu einer Millionen Flüchtlinge fest. Sie sind Milizen, Willkür und Terroristen ausgeliefert. Sie werden verschleppt, versklavt, missbraucht, gefoltert und es droht ihnen jederzeit der Tod. Sie sind rechtlos und vogelfrei. Ihr Kampf zu den Booten ist ein Kampf um das reine Überleben. Lediglich die Boote der Schlepper am Auslaufen zu hindern – selbst wenn es gelänge – ohne diesen Menschen einen Fluchtkorridor zu schaffen, wäre das gleiche, wie einen Menschen auf hoher See auszusetzen. Die Menschen würden den Milizen ausgeliefert. Für öffentlichkeitswirksame Enthauptungen würde sich auch der Islamische Staat (ISIS) noch stärker an ihnen bedienen als er es bereits jetzt tut. Das Töten würde so nicht beendet, sondern vom Mittelmeer auf Milizen und Terroristen delegiert. Dies widerspricht den Prinzipien der Menschlichkeit.

 

Motiv: Ablenkung von Seenotrettung

 

Es ist kein Zufall, dass die schärfsten Gegner der Seenotrettung, wie der deutsche Innenminister Thomas de Maizière oder die für ihre Ablehnung von Seenotrettung geradezu berüchtigte britische Innenministerin Theresa May, jeweils auch am lautesten nach einem Kampf gegen die Schlepper rufen. Mit diesem Kampf werden sie scheitern, aber es könnte ihnen gelingen, von der Not der Flüchtlinge und der Notwendigkeit, sie zu retten, abzulenken. Die meisten Toten eines Krieges gegen die Schlepper - dies ist bereits jetzt vorhersehbar - werden jedenfalls Flüchtlinge sein. Wir sollten ihnen diesen Krieg, ebenso wie den Tod im Meer ersparen.

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Kommentar von Thomas Krauser |

Können das die Politiker überhaupt bei Ihrem Gewissen Verantworten??
bei dem Flugzeugabsturz,sind nur 150 ums Leben gekommen und haben so einen Aufruhr gemacht,wenn es sich um Flüchtlinge handelt kümmern Sie sich nicht? sind das nicht auch Menschen???ich finde es so Beschämend von unseren Politikern CDU/CSU wo ist denn da das Christliche??? ich werde diese Leute nicht mehr wählen,das sind Verbrecher

Kommentar von Norbert Huber |

Nichts wie raus aus der EU, wenn das das letzte Wort in der Angelegenheit ist. Diese Menschenverachtenden Diktatoren sollen abdanken!