Folter in Libyen an der Tagesordnung: Kein Anlass zur Sorge für die internationale Gemeinschaft?
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Ein Bericht der Vereinten Nationen stellt fest, dass Folter und Brutalität im neuen Libyen nach dem gewaltsamen Sturz des Diktators Gaddafi an der Tagesordnung sind. Abertausende Menschen befinden sich ohne rechtsstaatliche Verfahren in Gefängnissen, in denen sie routinemäßig Misshandlungen bis hin zur Folterung bis zum Tod unterworfen werden.
Allein für dieses Jahr sind bereits 11 Fälle von Tod durch Folter belegt, wobei von einer enormen Dunkelziffer auszugehen ist. Die Anzahl der Gefangenen in offiziellen Gefängnissen wird auf 8000 geschätzt, während eine unbekannte, aber offenbar sehr hohe Anzahl an Menschen unter primitivsten und menschenunwürdigsten Bedingungen durch verschiedene Milizen in deren tolerierten Privatgefängnissen gefangen gehalten werden.
Zwar hat die Regierung ein Gesetz verabschiedet, gemäß dessen Folter illegal ist, jedoch hat dies Gesetz zu keinerlei tatsächlichen Maßnahmen gegen die Folter-Praxis im ganzen Land geführt. Tatsächlich kann bereits jetzt von einer Institutionalisierung die Folter im neuen Post-Gaddafi Libyen gesprochen werden.
Verhaftungen erfolgen dabei oftmals vollkommen willkürlich. Menschen werden von der Straße weg verschleppt, zusammengeschlagen, häufig vergewaltigt durch Einführen von Gegenständen in den After – eine Praxis, die bereits videodokumentiert und ohne jede Konsequenzen an Gaddafi selbst angewandt wurde. In Gefängnissen werden die Verschleppten unter häufig katastrophalen hygienischen Bedingungen festgehalten, wobei Hunger an der Tagesordnung ist.
Das neue Libyen kultiviert eine Praxis der Verschleppung und Gefangenhaltung von Menschen, die dazu geeignet ist, sadistische Motive von körperlicher und sexueller Gewalt bei denjenigen zu fördern, die in der gegenwärtigen Situation in Libyen die Macht über Freiheit, Leben und Tod unzähliger Menschen haben. Nicht politische, sondern höchst private Gründe des Erlebens von Macht und Dominanz dürften die Haupttriebfedern der landesweiten Verschleppungs- und Folterpraxis sein.
In Libyen ist der arabische Frühling für die Inhaftierten zur Hölle auf Erden begonnen. Anstatt Freiheit, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu begründen, wurden Folter und Gewalt nicht ausgerottet, sondern privatisiert. Mitglieder antisozial orientierter Banden agieren ihren persönlichen Sadismus und ihr Machtstreben an wehrlosen Opfer aus, die im Übrigen nicht selten in keinerlei Beziehung zum Gaddafi-Regime standen.
Der Bericht der UN Menschenrechtskommission (UNHRC), die diese Menschenrechtskatastrophe im neuen Libyen erneut öffentlich macht, ist löblich, bleibt aber bisher ohne jede relevante mediale oder politische Resonanz. Im Gegenteil, scheint den auf das Engste mit der libyschen Regierung verbündeten westlichen Staaten die Duldung dieser Menschenrechtskatastrophe der einfachere Weg zu sein, als öffentlich einzugestehen, dass man in Libyen durch einen externen Militäreinsatz nicht Freiheitskämpfer, sondern Verbrecher zu den de facto Herren über das libysche Volk gemacht hat. Dabei war bereit zu Beginn der Libyen Krieges absehbar, dass der Teufel des Gaddafi Regimes sich nicht durch den Beelzebub gewaltbereiter, teilweise islamistisch, teilweise rein antisozial-sadistisch agierender Banden austreiben lassen wird, jedenfalls nicht zum Wohle der Menschen in Libyen, die vielmehr derzeit mit westliche Duldung einer kompletten Willkürherrschaft nicht legitimierter privater Milizen resp. Banden unterworfen sind.
Ein Grund für die Duldung der anhaltenden Menschenrechtskatastrophe im neuen Libyen dürfte auch in Syrien zu lokalisieren sein. Denn ebenso wie in Libyen entschied sich der Westen auch in Syrien, nicht die friedfertige syrische Opposition zu fördern, sondern gewalttätige Extremistengruppen mit PR- und Waffenmacht auszustatten, die seither – keinen Deut besser als die Assad-Truppen – das Land mit Folter, Vergewaltigung, Mord und sogar in Einzelfällen Kannibalismus überziehen. Bereits jetzt ist bezüglich Syrien vorhersehbar, dass im Falle dessen, dass sich diese Kräfte gegen das Regime und gegen die friedfertige Opposition durchsetzen sollten, ein neues Syrien analog des neuen Libyen, nur mit noch mehr Gewalt und Grausamkeit, entstehen wird.
Dies scheint sich übrigens mittlerweile auch im deutschsprachigen medialen Bereich, beispielsweise bei der TAZ, herumgesprochen zu haben. Diese förderte bisher mit ihrer Berichterstattung durchaus das gesellschaftliche Klima für eine Unterstützung der militärischen Opposition in Syrien. Nunmehr gibt sie aber in einem neuen Artikel erstmals zu erkennen, dass ihr offenbar bewusst zu werden scheint, dass sie auf ein falsches, nämlich ein in die komplett andere Richtung als die gewünschte galoppierendes Pferd gesetzt hat.
Die Untätigkeit der westlichen Demokratien gegen die Menschenrechtsverletzungen ihrer Verbündeten in Libyen und die gleichzeitige Verbündung mit menschenunwürdig handelnden Extremistengruppen in Syrien wirft ein dunkles Bild auf unsere internationale Glaubwürdigkeit. Es wird in Verbindung mit dem brandgefährlichen und empörenden Programm zur Komplettüberwachung der weltweiten privaten Kommunikation durch die USA und Großbritannien der Eindruck erzeugt, dass in Wirklichkeit Menschenrechte nur dann zählen, wenn sie sich politisch instrumentalisieren lassen. Wer sich mit einem aus strategischen Gründen blinden Auge für die Menschenrechte einsetzt, fördert jedoch nicht deren Verbreitung, sondern deren Erosion.
Zu hoffen ist, dass auch das schwedische Nobelpreiskomitee lernt und die Blamage des Friedensnobelpreises an Barak Obama durch die künftige Vergabe des Friedensnobelpreises an tatsächlich würdige Preisträger, wie die durch Barak Obama verfolgten Whistleblower Eduard Snowden und Chelsea Manning, ausgleicht.
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Kommentar von Auflaufkind Arian |
was sollen diese ganzen Anti-Auflaufkinder in Libyen.