¨Mos Maiorum¨: Europa eröffnet die Menschenjagd
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Tagtäglich errreichen uns erschütternde Berichte aus den Kriegsgebieten dieser Welt. Auch als Ergebnis einer verfehlten Politik der westlichen Staatengemeinschaft sind ganze Länder in gewalttätige Anarchie verfallen. Völker sehen sich mit extremistischen Banden konfrontiert, die im Namen der Religion Massenmord und Vernichtung betreiben. Wir werden Zeuge eines Rückfalls in das Mittelalter, aber mit modernsten Waffen made in USA, China, Russland und Westeuropa. Als Opfer genannt seien Irak, Syrien und Libyen.
Millionen Menschen sind auf der Flucht. Sie haben keine Papiere. Viele von ihnen erreichen die rettenden Grenzen nicht. Tausende sterben im Meer. Andere werden verschleppt und versklavt, manche ausgeweidet und ihre Organe verkauft.
Das Leid der Fliehenden schreit zum Himmel. Die Antwort Europas lautet Menschenjagd:
¨Mos Maiorum¨, also gemäß der ¨Sitte der Vorfahren¨, ist das Code-Wort einer europaweiten Aktion gegen Menschen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis, an der sich auch die deutsche Bundespolizei beteiligt. In einer konzertierten Aktion soll nach Menschen gesucht werden, die sich illegal in Ländern der europäischen Union aufhalten. Festnahmen sind geplant und die Herkunftswege sollen erkundet werden (siehe Artikel im Weser-Kurier).
Kontrollen werden gemäß des Sprechers des Bundespolizeipräsidiums Frank Borchert in Verkehrsmitteln und an besonderen Orten, an denen sich Ausländer aufhalten, aber auch in Abhängigkeit vom Gepäck und der Kleidung durchgeführt werden.
Die Aktion richte sich - so wird versichert - insbesondere gegen die Schleuser, die das Schicksal der Menschen teilweise unter menschenverachtenden Bedingungen für ihre wirtschaftlichen Zwecke ausnutzten.
Unerwähnt lässt die Bundespolizei, dass für die große Mehrheit der Flüchtlinge der Weg zu einer legalen Einreise verschlossen ist. Viele Flüchtlinge haben keinen Pass und selbst wenn sie einen haben, haben sie auf ein Einreisevisum keine Chance.
Grenzen zwischen Ländern können zur lebensbedrohlichen Barriere werden. So erging es bereits den Verfolgten des Naziregimes. Nicht wenige verloren ihr Leben, weil schon damals Grenzen ohne Papiere unüberwindbar sein konnten. Derweil höhnte die NAZI-Propaganda: "Niemand will diese lästigen Parasiten haben, die sich noch immer als gefährlicher Fremdkörper in jedem anderen Volkstum breit machen”. Andere konnten sich mithilfe von Fluchthilfeorganisationen und Schleusern retten. Illegal wurden Tausende Juden an der Schweizer Grenze vor dem sicheren Tod bewahrt. Bekannt sind die Namen Paul Grüningers und Heini Bornsteins, letzterer half bereits als 13-Jähriger, Tausende Juden über die Grenze der Schweiz zu schmuggeln. Hunderte andere retteten ebenfalls gegen Schweizer Gesetze Leben. Ihr Vermächtnis ist Mos Maiorum sicherlich nicht.
Einstmals war auch ein späterer deutscher Bundeskanzler Flüchtling vor Nazideutschland und erlernte sogar das Handwerk der Passfälschung. Wir lesen über ihn:
“In der Nacht zum 1. April 1933 schipperte ein kleiner Kutter aus dem Hafen von Travemünde in Richtung Dänemark. Am Steuer stand der Fischer Paul Stoss, in einer Ecke des Kahns, hinter Kisten und Fässern versteckt kauerte ein junger Mann im Trenchcoat: Willy Brandt. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 taucht der damals 19-jährige Herbert Frahm in den Untergrund ab. Er nimmt den Decknamen Willy Brandt an, den er bis an sein Lebensende behalten soll. Im April flieht er von seinem Geburtsort Lübeck aus über Dänemark nach Norwegen. ... Für seine Parteiarbeit schreibt er mit unsichtbarer chemischer Tinte konspirative Mitteilungen, auch nach Deutschland, lässt von DNA-Mitgliedern illegale Zeitschriften ins Deutsche Reich schmuggeln, lernt gefälschte Reisepapiere herzustellen und versucht auch deutsche Seeleute in norwegischen Häfen zu infiltrieren."
Später hielt er sich im Widerstand in Nazideutschland auf. Ein gafälschter norwegischer Pass bewahrte ihn vor Verhaftung, Folter und möglichem Tod.
Suchen will die Bundespolizei nun auch nach Menschen, die mit falschen Dokumenten reisen - so wie damals Willi Brandt.
Europa hat seine Außengrenzen militärisch gesichert. Es nimmt dabei den Tod der Flüchtlinge in Kauf. Tote Flüchtlinge versinken im Meer oder werden an Stränden angespült, sie verlangen keine zwischenmenschliche Solidarität, verursachen keine Kosten und sie können kein Zeugnis geben von der Unmenschlichkeit der Kriege, die oftmals durch Europa selbst mitverursacht wurden.
Wie für die Flüchtlinge aus Nazideutschland stehen auch heute Fluchthilfeorganisationen und Schleuser bereit, um die auf Unüberwindbarkeit ausgelegten Barrieren zu überwinden. Durch sie gelingt es manchen der Fliehenden rettendes Land zu erreichen, viele gnadenlos ausgenutzt und mit letztem Hemd, aber am Leben. An ihrer Kleidung will die Bundespolizei sie nun erkennen.
Wo Barrieren im Weg stehen, werden Auswege gesucht. Wer Mauern gegen seine Mitmenschen baut, schafft Fluchthilfeorganisationen und Schleuser. Wer die Mauern stehen lässt, aber gegen Fluchthilfeorganisationen und Schleuser vorgeht, erhöht den Preis, den die Menschen zu zahlen haben und die Anzahl der Toten im Meer.
¨Mos Maiorum¨ steht nicht für eine Tradition von Mitmenschlichkeit und Solidarität, sondern für Menschenverachtung und Gnadenlosigkeit. Die Berufung auf die Tradition entspricht der Berufung nicht auf die guten, sondern auf die schlechtesten Strebungen des Menschen im Sinne von Egoismus und Unbarmherzigkeit. Getroffen werden verzweifelte Menschen, für die oder deren Familien ihre Entdeckung den Tod bedeuten mag. Denn wenn eine vorauseilende Mutter, eine Tochter, ein Sohn oder ein Familienvater den Häschern ins Netz geht, muss sie womöglich hilflos zuschauen, wie ihre Kinder, der Ehemannn, die Ehefrau oder die zurückgebliebenen Eltern das lebensrettende Ufer verfehlen.
Die Bundespolizei sucht nur nach Menschen ohne Papiere, sie führt keine Exekutionen durch. Die Folgen können aber ebenso schwerwiegend und genauso tödlich sein.
Bitte stellen Sie sich an die Seite der Flüchtlinge. Lesen Sie die Hinweise der Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und engagieren sie sich dort. Denunzieren Sie niemals einen Menschen ohne Papiere, sondern schützen sie sein Leben. Machen Sie bei Initiativen mit, wie "Kein Mensch ist illegal" und beim "noborder network. Werden Sie Mitglied von ¨Pro Asyl¨. Unterzeichnen Sie die amnesty international Petition "SOS Europa: Erst Menschen, dann Grenzen schützen". Zeigen Sie, dass Sie sich mit den durch Mos Maiorum bedrohten Menschen solidarisieren und dass es - trotz alledem - noch Menschlichkeit gibt!
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Kommentar von lerner |
Der Artikel beweist, was niemand glaubt: Dass die "demoktatische" Politik ein "Nie wieder" zum Erziehungsziel machte, um zugleich ein "Nochmal, nur demokratisch getarnt" zu praktizieren.