ISIS: Die Antwort lautet Rechtsstaatlichkeit und Solidarität
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Während die IS (ISIS) mit unvorstellbarer Brutalität Menschen versklavt und vernichtet und damit gleichzeitig dabei ist, den Ruf des Islam weltweit zu ruinieren, gibt ausgerechnet der frühere US-Vizepremier Dick Cheney dem gegenwärtigen US-amerikanischen Präsidenten Barak Obama Hinweise, wie dieser gegen den Terror zu kämpfen habe.
Dabei ist Dick Cheney in Wirklichkeit einer der Väter der ISIS, indem er die verheerende Politik der Bush Administration als einer ihrer Falken maßgeblich prägte. Hätte diese Administration nicht den Irak-Krieg vom Zaun gebrochen, hätte sie auf Folter und Rendition verzichtet und sich zu einer rechtsstaatlichen Bekämpfung des Terror bekannt, die ISIS würde es heute vermutlich nicht geben. Erst dadurch, dass die Bush-Cheney- Administration alle Werte von Völkerrecht und Menschenrechten über den Haufen warf, schuf sie den fruchtbaren Boden, aus dem die ISIS entstand.
Barak Obama ist nicht vorzuwerfen, dass er zu weich gegen den Terror handeln würde. Ihm ist nicht vorzuwerfen, auf Mittel des Rechtsstaates anstatt auf illegitime Gewalt, Folter und Rechtsbruch zusetzen. Vorzuwerfen ist ihm, mit der katastrophalen Politik seiner Vorgänge nicht wirklich gebrochen zu haben. Vorzuwerfen ist ihm, eine Politik des Krieges und der Menschenrechtsverletzungen im Namen des Kampfes gegen den Terror fortgesetzt zu haben. So sind George W. Bush und Dick Cheney nicht die einzigen US-amerikanischen Väter der ISIS geblieben, sondern ist auch Barak Obama ist zu einem ihrer Väter geworden. Denn ohne die Duldung schwerer Menschenrechtsverletzungen gegen die sunnitische Bevölkerung durch die verbündete irakische Regierung, ohne gewaltsamen Sturz des libyschen Diktator Gaddafi durch NATO Bomben mit der kompletten Zerstörung der libyschen Gesellschaft als Folge und ohne die Förderung des bewaffneten Kampfes in Syrien – gegen den entschiedenen Willen der im "National Coordination Committee for Democratic Change" (NCC) vereinigten friedlichen und progressiven Teile der syrischen Opposition – hätte die ISIS weder in Syrien entstehen noch im Irak Fuß fassen können. Die durch die ISIS geschundene Menschen, unter ihnen auch die durch sie enthaupteten US-amerikanischen und britischen Staatsbürger, sind Opfer der ISIS; aber sie sind auch Opfer der Politik der US-Regierung und ihrer Verbündeten.
Im orangenen Gewand werden die Gefangenen durch die ISIS vorgeführt – George W. Bush und Dick Cheney lieferten hierzu die Steilvorlage. Barak Obama hat es seither verfehlt, Guantanamo zu schließen. Mit Waterboarding quält die ISIS ihre Gefangenen, eine Prozedur, welche zuvor – übrigens in Gemeinsamkeit mit den roten Khmern in Kambodscha - die US Regierung gegen ihre Gegner anwandte. Die Prozedur ist so qualvoll, dass – wie die CIA feststellte - jeder Widerstand in wenigen Sekunden aufgegeben wird und die Opfer zu nur noch um ihr Leben bettelnden und zu allen Aussagen bereiten Kreaturen reduziert werden. Auch dies wurde bereits zuvor im Folter-Gefängnis der rotzen Khmer in Tuol Sleng beobachtet.
Kein einziger der Folterer ist seither durch die US-amerikanische Justiz zur Verantwortung gezogen worden. Wesentliche Untersuchungsergebnisse werden durch die Obama-Regierung weiterhin geheim gehalten. Amnesty International wirft der Obama-Administration schwerste Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Folter und Tötungen, in Afghanistan vor und beklagt ein Klima der systematischen Nicht-Bestrafung, welches ein Ende haben müsse.
Derweil wird die Weltbevölkerung durch NSA & Co überwacht und ausspioniert, wobei aus dem Ausmaß dieser schrankenlosen Überwachung eine Abschaffung des Privatlebens und eine Beseitigung der Grundlagen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit resultieren. Gerechtfertigt wird dies durch den Kampf gegen den Terror, obgleich jeder die Wirkungslosigkeit dieser Maßnahmen in Anbetracht des Entstehens und Aufblühens der ISIS in Zeiten der NSA-Überwachung erkennen kann. Die NSA-Überwachung unserer aller Kommunikation durch die Obama-Administration, die britische Regierung und weitere Verbündete dient nicht dem Terror gegen den Terror, sondern setzt den Rechtsstaat und das Vertrauen der Menschen in die staatlichen Institutionen außer Kraft.
Kontinuierlich starten Drohnen zu Tötungsmissionen in Afrika und Asien. Tausende Zivilisten wurden durch Drohnen-Schläge aus dem Leben gerissen, viele weitere schwer verletzt und verstümmelt. Die Angriffe treffen Menschen in Ländern, die oftmals bereits am Existenzminimum leben, in denen es keine angemessene medizinische Versorgung gibt und in denen die Tötung von Familienangehörigen zum dauerhaften sozialen Absturz der gesamten Familie führen kann. Die Tötungen geschehen ohne Gerichtsprozess und rechtsstaatliche Kontrolle, die Entscheidungen werden letztlich durch den US-Präsidenten selbst getroffen. Dieser lässt jede Empathie mit den Beschädigten vermissen und witzelte gar, für jeden, der mit seinen Töchtern schlafen sollte, kenne er nur das Wort „Predator-Drone“. Zum Vorschein bringt dieser Witz eine Verachtung menschlichen Lebens, die unvereinbar ist mit dem Anspruch,Repräsentant von Freiheit und Demokratie zu sein.
Die Obama-Administration zeigt gleichzeitig kein Interesse an der Erhebung der Anzahl der getöteten Zivilisten, sondern rechnet die Situation schön, indem die Toten einfach per Definition zu feindlichen Kämpfern erklärt werden, selbst wenn es sich um Jugendliche handelt, die niemals in ihrem Leben eine Waffe berührten und beim Einschlag der Drone gerade auf dem Weg zur Schule waren. Entsprechend stellt die US-Regierung keinerlei seriöse Erhebungen über die Anzahl der zivilen Opfer zur Verfügung, sondern überlässt die entsprechenden Schätzungen privaten Institutionen und Initiativen.
Der ISIS und anderen radikalen fundamentalistischen Organisationen haben die Obama-Drohnen offensichtlich nicht geschadet. Durch die indiskriminative Tötung von Zivilisten durch Drohnen haben die USA aber endgültig ihre Vorbildfunktion, die sie in den Augen mancher Menschen noch hatten, verloren. Welche Anziehungskraft kann ein Staat oder eine Staatengemeinschaft noch ausüben, wenn die Berufung auf die Menschenrechte deren Außerkraftsetzung beinhaltet, sobald dies aus kurzfristigen Erwägungen heraus als opportun betrachtet wird? Für jeden tatsächlich getöteten Terroristen folgen andere, die in Anbetracht des Drohnen-Terrors, den Terroristen wie Zivilisten ausgesetzt sind, für sich selbst die USA als Terror-Staat definieren und dabei ebenso wie die US-Regierung fälschlicherweise glauben, sich mit Mitteln des Terrorismus gegen Terror verteidigen zu können.
Doch der Zusammenhang zwischen der US-Politik und den Enthauptungen ihrer eigenen Staatsbürger ist noch brutaler und direkter als man es zu denken wagt. Es lässt erschaudern, wenn die Familie des ermordeten James Foley mitteilt, dass es offenbar niemand anders war als die durch die USA und ihre Verbündeten selbst unterstützte angebliche moderate syrische bewaffnete Opposition, die den US-Staatsbürger Foley an die ISIS verkaufte, die ihm anschließend nach langen Qualen und Waterboarding den Kopf abschnitt. Das komplett unsubstantiierte Dementi der US-Regierung überzeugt ebenso wenig wie das Dementi der durch die Familie des Getöteten berichteten Drohung der US-Regierung an sie, man werde sie juristisch belangen, wenn sie versuchen sollte, Lösegeld für James Foley zu zahlen. Das Entsetzen der Mutter von James Foley über das Verhalten der eigenen Regierung werden alle diejenigen teilen, die sich in einer zunehmend Gewalt bestimmten Welt noch die Menschlichkeit bewahrt haben.
Es war also offenbar die eigene Regierung, die mit ihrem Geld an „moderate“ Rebellen in Syrien den Tod des eigenen Staatsbürgers ebenso subventionierte wie sie die ISIS durch ihre Waffenlieferungen an diese angeblich moderaten Rebellen bewaffnete. Man könnte denken, es handele sich hier um die irren Fantasie von Wirrköpfen, es sind aber perverse Realitäten, die – und dies ist das Schlimmste - absehbar waren. . Warnende Stimmen im Vorfeld gab es genug. Man mag es einen Fehler nennen, dass diese Stimmen überhört wurden. In Anbetracht der Vermeidbarkeit und der unzähligen Toten, des Leides, des Elendes und der Not, die dieser Fehler über unschuldige Menschen und ganze Gesellschaften gebracht hat, erscheint das Wort Verbrechen jedoch angemessener. Eine aggressive, insensitive und eskalierende Kriegspolitik der USA und ihrer Verbündeten hat das bereits überaus fragile Fundament zum Einsturz gebracht, was dem ISIS-Terror zuvor noch entgegenstand.
Gibt es einen Ausweg und worin könnte er liegen?
Die erstaunlich breite Unterstützung, die die ISIS in Syrien und im Irak trotz ihrer Brutalität erhält, ist das Ergebnis von weltweit durch die USA und ihre Verbündeten praktizierter doppelter Maßstäbe und Heuchelei. Das demokratische Modell hat so an Anziehungskraft verloren und ein radikalisierter Islam gewinnt. Indem auf diesen wiederum mit einer verschärften Abkehr von Rechtsstaatlichkeit reagiert wird, entsteht ein Teufelskreislauf aus eskalierenden Menschenrechtsverletzungen. Der einzig mögliche Ausweg liegt daher in einer radikalen Umkehr der Politik der USA und ihrer Verbündeten, nicht in einem Weiter so oder Voran in den Krieg gegen den Terror, sondern in einem Zurück zu Rechtsstaat und Menschlichkeit.
Um aus der Katastrophe wieder herauszukommen, müssen die USA und ihre Verbündeten zeigen, dass es ihnen ernst ist mit Demokratie, Menschenrechten, Freiheit und sozialer Gerechtigkeit. Sie müssen beginnen, Menschenrechte nicht nur von ihren Gegner, sondern auch von sich selbst und ihren Verbündeten konsequent und bedingungslos einzufordern. Sie müssen zeigen, dass sie ein Rechtssystem haben, welches Folterer und Mörder auch dann zu Verantwortung zieht, wenn Folter und Mord auf Anordnung der eigenen staatlichen Institutionen begangen wurden. Sie müssen Guantanamo schließen und sie müssen alle Prozesse gegen die dort illegal Inhaftierte stoppen, die sie zuvor illegitimer Verschleppung und menschenunwürdiger Folter unterwarfen. Sie müssen Bush, Cheney, Cordula Rice und alle anderen Verantwortlichen für das etablierte Verschleppungs- und Foltersystem für die Verbrechen, die die begangen haben, gerichtlich zur Verantwortung ziehen. Sie müssen aufzeigen, dass diejenigen, die postulierten, die Glaceehandschuhe ausziehen und den Weg in den Folterstaat beschreiten zu wollen, außerhalb alle legitimen Normen gehandelt haben. Sie müssen eine Politik vollständig delegitimieren, deren Basis nicht in Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten, sondern in mittelalterlichem Vergeltungs- und Vernichtungsdenken lag und liegt. Sie müssen die gegen den Terror wirkungslose, aber die Demokratie zerstörende weltweite NSA Überwachung beenden und Drohnenangriffe, die von den betroffenen Gesellschaften zu Recht als Terror erlebt werden, stoppen. Sie müssen in Syrien sofort auf Kompromiss und Verhandlungen anstatt auf bewaffneten Kampf und Sieg setzen. Sie müssen sich auf die Seite des NCC stellen, anstatt dieses weiterhin zu marginalisieren. Ernsthafte Verhandlungen mit der syrischen Regierung müssen begonnen werden, um eine Übergangsregierung als Übergang zur Demokratie ohne Bedrohung des Gegners mit Vernichtung etablieren zu können. Maximalforderungen (sofortiger Rücktritt Assads und dessen Verfolgung wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit) müssen zum Wohle des syrischen Volkes und dessen Recht auf Leben zurückgestellt werden. Eine echte Realpolitik, die auf Wandel durch Annäherung und Kompromisse setzte, muss an die Stelle der kriegerischen Durchsetzung von Menschenrechte, die de facto zu deren Abschaffung führt, treten. Die USA und ihre Verbündeten müssen gemeinsam mit allen Kräften im Irak, die bereit sind, zu sprechen, einen Weg suchen, um den entstandenen Hass und die grassierende Diskriminierung zu überwinden. Sie müssen nicht Milliarde, sondern Abermilliarden an Dollar zur Verfügung stellen, nicht auf Kredit, sondern als Kompensation für die angerichteten Schäden, um die zerstörten Gesellschaften wieder aufbauen und soziale Gerechtigkeit, Bildung und medizinische Versorgung dort zu ermöglichen, wo die geringen Fundamente, die es hierfür gab, auch durch ihre Verantwortung dem Erdboden gleich gemacht wurden. Sie müssen den Flüchtlingen, deren Flucht sie erzeugten, beistehen, anstatt sie in Meeren ertrinken, in Lagern internieren oder in den Tod abschieben zu lassen. Sie müssen diese Flüchtlinge nicht nur aufnehmen, sondern sie müssen aktive Fluchthelfer für diese Menschen sein, die sie schuldlos in die Katastrophe stürzten. Ebenso müssen sie aufhören, die Ebola Opfer in Afrika ihrem Schicksal zu überlassen, sondern sie müssen endlich Zeichen für eine echte internationale Solidarität setzen und die erforderlichen Maßnahmen für die Behandlung der Erkrankten und die Prävention weiterer Erkrankungen bereit zu stellen. Dass Cuba demnächst mehr als die Hälfte des zur Verfügung stehenden medizinischen Personals zur Verfügung stellen wird, ist seitens Cuba löblich, bezüglich der USA und ihrer Verbündeten aber eine ungeheuerlicher Skandal, der alle ihre Bekenntnisse zu einer internationalen Gemeinschaft der Lächerlichkeit preisgibt. Bezüglich des Nahost-Konfliktes müssen die USA und ihre Verbündeten endlich dafür Sorge tragen, dass Israel seine völkerrechtwidrige Besatzungspolitik aufgibt, alle besetzten Gebiete räumt, dem palästinensischen Volk seine Freiheit gibt, um so im Gegenzug die Sicherheit Israels garantieren zu können, ohne als Aggressor gegen arabische Völker aufzutreten und so den Hass zu vertiefen, der den USA und ihren Verbündeten mittlerweile in immer mehr Staaten der muslimischen Welt, aber auch insgesamt der dritten Welt entgegenschlägt und der al Qaida und ISIS die bestmöglichen Rekrutierungsmöglichkeiten gibt. Schlussendlich müssen sich die USA und ihre Verbündeten für das weltweite Elend und Leid, welches sie erzeugten, öffentlich entschuldigen, um so einen Weg der Verständigung einschlagen und Glaubwürdigkeit bezüglich der Lauterbarkeit der eigenen Motive herstellen zu können.
Wenn die USA und ihre Verbündeten zu all diesen Maßnahmen bereit sind und sofort mit ihrer Umsetzung beginnen, dann, aber auch nur dann, dürfen und müssen sie gleichzeitig gemeinsam mit den durch die ISIS heimgesuchten Staaten und Gesellschaften mit aller Macht, die ihnen zur Verfügung steht, und mit allen Möglichkeiten, um Zivilisten zu verschonen, militärisch gegen die ISIS vorgehen, die ansonsten droht, für immer mehr Menschen zu einem dauerhaften Inferno zu werden. Gefangene ISSI Kämpfer sind dabei nicht zu folternd oder zu exekutieren, keine neuen Guantanamos oder Abu Ghraibs sind zu errichten, sondern die Betreffenden sind vor rechtsstaatliche Gerichte zu stellen, nicht mit dem vorrangigen Ziel, sie zu bestrafen, sondern mit Ziel, sie zu rehabilitieren – auch als ein Zeichen der eigenen Rehabilitation von einer Barbarei, die nicht nur die Verantwortlichen der ISIS; sondern ebenfalls die Verantwortlichen in den westlichen Staaten mit geschaffen haben.
Die westliche Welt steht jetzt am Scheideweg, zwischen Menschlichkeit und Barbarei zu wählen. Die ISIS sind die Geister, die wir riefen. Loswerden können wir sie nur, wenn wir den Weg der Umkehr wählen, solange eine Umkehr noch möglich ist. Tun wir dies nicht, werden nicht nur andere Völker, sondern wir mit der Währung von Terror und Krieg langfristig bitter bezahlen.
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Kommentar von qix |
Ein begründeter Appell!
Die Sprache der IS ist die Sprache der USA, Gewalt zeugt Gewalt. Die USA können nicht zu einer Politik der Menschenrechte usw. zurückkehren. Man vermag nicht zu etwas zurückzukehren, was man nicht kennt. Am Horizont wird ein Gespenst sichtbar, nämlich ein ZUgriff der IS auf Sensibles in den USA. Was könnte seitens eines Staates geschehen, der als einziger Atombomben warf, sich dessen rühmte? Mit der Politik der USA wurde der homo politicus zum homo devastator in demokratischer Tarnung.
Noch wird "nur" bombardiert. Ein Amoklauf dieses Staates ist möglich.