Chelsea Manning, Edward Snowden und das fortdauernde Schweigen des Joachim Gauck
(Kommentare: 3)
Einstmals solidarisierten sich weltweit Millionen von Menschen mit Andrei Dmitrijewitsch Sacharow, der für seine politische Überzeugung in der UDSSR zwangsweise in die Psychiatrie eingeliefert wurde. Alle westlichen Staaten verurteilten damals die Menschenrechtsverletzungen gegen Sacharow, allen voran die USA und selbstverständlich auch die Bundesrepublik Deutschland.
Als die realsozialistischen Staaten zusammenbrachen und das enorme Ausmaß der Überwachung der eigenen Bevölkerung immer deutlicher wurde, bestand in der westlichen Welt Einigkeit, dass die hier zutage tretende Bespitzelung der eigenen Bevölkerung eine menschenverachtende und verbrecherische Praxis war. Nach dem damaligen Konsens konnte die Basis einer freiheitsliebenden und demokratischen Gesellschaft sich nur bei Schutz und Akzeptanz des Privatlebens der einzelnen Gesellschaftsmitglieder entwickeln. Die Protokollierung selbst privatester Details der Lebensführung unzähliger Menschen in den Akten der Geheimdienste der realsozialistischen Staaten belegte den antidemokratischen Charakter dieser Gesellschaften und stellte ein maßgebliches Argument für die Verurteilung des durch sie praktizierten Gesellschaftssystems dar.
Viele Jahre nach dem Zusammenbruch der realsozialistischen Staaten hat Chelsea Manning Wikileaks Dokumente und Videomaterial zugänglich gemacht, aus denen unter anderem ersichtlich wurde, wie US amerikanische Hubschrauberbesatzungen zum Spaß irakische Zivilisten abschossen und dabei das reale Töten von Menschen ähnlich wie in einem Computerspiel mit Lachen und begeisterten Kommentaren begleiteten. Hätte Chelsea Manning diese Dokumenten nicht Wikileaks zugespielt, wären sie der Welt niemals bekannt geworden. Ebenso wenig wie die zahlreichen weiteren Dokumente, die Manning Wikileaks zuspielte und von denen einige ebenfalls Menschenrechtsverletzungen belegten.
Für seine „Tat“ verbüßt Chelsea Manning in den USA derweil eine 35-jährige Freiheitsstrafe. Die Militärrichterin Denise Lind hat sicher kein rechtsstaatliches Urteil gesprochen als sie den Mut eines Einzelnen bei der Aufdeckung schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen mit der Zerstörung seines Lebens sanktionierte. Derweil wurden die sich bei ihren Taten hörbar köstlich amüsierenden Mörder der irakischen Zivilisten keinerlei Strafverfahren zugeführt.
Edward Snowden hat uns Informationen geliefert, die alles in den Schatten stellen, was früher Verschwörungstheoretiker behaupteten. In aller Kürze zusammengefasst, ist es nunmehr als eine Tatsache zu bewerten, dass die National Security Agency (NSA) der Vereinigten Staaten von Amerika in Kollaboration mit dem britischen und weiteren Geheimdiensten die gesamte weltweite Internetkommunikation abfängt, speichert und auswertet. Sie setzen dabei die Wirksamkeit vorher noch als sicher geglaubter Verschlüsselungsmöglichkeiten außer Kraft, infiltrieren weltweit Rechner mit Schad- und Spionagesoftware, wobei sich ihre Angriffe nicht selektiv auf einzelne Terroristen richten, sondern im wahrsten Sinne des Wortes alle durch sie erreichbaren Menschen und Institutionen betreffen - Einzelpersonen ebenso wie Wirtschaftsunternehmen, Forschungsinstitutionen, Presseagenturen und Regierungen.
Ebenso wie das Internet wird die Telefonkommunikation überwacht, wobei über die Auswertung von Handydaten u.a. Bewegungsprofile offenbar im wesentlichen aller Handynutzer weltweit erstellt werden.
Die Überwachungsmaschinerie, die die NSA, der britische Geheimdienst und weitere verbündete Geheimdienste betreiben, ist bei weitem umfangreicher und dringt tiefer in unser aller Privatleben ein als dies den Geheimdiensten der realsozialistischen Staaten noch möglich gewesen ist.
Chelsea Manning und Edward Snowden sind die Dissidenten unserer Tage. Sie sind an die Stelle von Andrei Dmitrijewitsch Sacharow und vielen weiteren getreten. Durch ihr Wirken, ihren Mut und ihre Menschlichkeit wurden Praktiken aufgedeckt, die ohne Zweifel durch die gesamte westliche Welt als schwerste Staatsverbrechen verurteilt worden wären, wären die Täter die realsozialistischen Staaten und nicht die Regierungen der USA und Großbritanniens gewesen.
In der Bundesrepublik Deutschland war lange Zeit der Name Joachim Gauck verbunden mit der Entschlossenheit, die Freiheit der Bürger gegen menschenrechtswidrige staatliche Überwachung zu schützen. Niemand stellte öfter und medienwirksamer als Joachim Gauck die Verbindung her zwischen der Überwachung der eigenen Bürger in der ehemaligen DDR und dem Unrechtscharakter des dies ermöglichenden politischen Systems.
Nunmehr ist jedoch deutlich geworden, dass Joachim Gauck, der mittlerweile das Amt des Bundespräsidenten erklommen hat, mit zweierlei Maß misst. Denn in den Fällen der Chelsea Manning und des Edward Snowden zeigt sich ausgerechnet Joachim Gauck blind gegenüber den großen Leistungen für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie, die beide erbracht haben. Gleichzeitig zeigt sich Gauck unberührt von dem Leid dieser beiden jungen durch ihren eigenen Staat verfolgten Menschen.
Joachim Gauck schwieg als Chelsea Manning verhaftet, in der Haft misshandelt und schließlich das mit einem Rechtsstaat unvereinbare Urteil von 35 Jahren Haft gegen ihn ausgesprochen wurde. Er schwieg auch danach zu allen Bemühungen, die Freiheit von Chelsea Manning zu erreichen. Er schwieg und schweigt wie einstmals alle Führer der realsozialistischen Staaten schwiegen als Andrei Dmitrijewitsch Sacharow gegen alles Menschenrecht zwangspsychiatrisiert und für unzählige Jahre seiner Freiheit beraubt wurde.
Zu Edward Snowden schwieg Joachim Gauck nicht, sondern tat etwas Schlimmeres und sprach: Für „reinen Verrat“ habe er kein Verständnis.
Tag für Tag, Woche für Woche wurden seither neue Machenschaften der NSA und des britischen Geheimdienstes aufgedeckt, die im Übrigen nach den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland als Straftaten zu bewerten sind. Bundespräsident Joachim Gauck sah seither dennoch keinen Anlass, seine Worte zu korrigieren. Sicherlich äußerte Gauck seither Überlegungen, die Überwachung durch die NSA könnte die Freiheit beschädigen und deutete einen Respekt für Snowden an. Dies ist jedoch keine hinreichende Korrektur seiner vorherigen Äußerungen und auch die späteren Anmerkungen erscheinen eher als Minimierung und Bagatellisierung der durch die NSA organisierten weltweiten Überwachung und der durch sie verübten Straftaten als als Ausdruck echter Sorge.
Nach wie vor stellt sich Bundespräsident Gauck nicht an die Seite des bedrängten Edward Snowden. Er unterstützt nicht die Forderung nach Asyl für den Mann, der Staatsverbrechen aufdeckte, die sich unter anderem auch gegen die Bundesrepublik Deutschland richten und offenbar unverändert fortdauern. Plötzlich schweigt dieser gleiche Joachim Gauck zu der von ihm zuvor uns jahrelang als so eng dargestellten Verbindung zwischen staatlicher Überwachung und Unrecht.
Öffentlichkeitswirksam boykottiert Gauck die olympischen Spiele in Sotschi. Er weiß, wie er Zeichen setzen kann. Fraglos setzt er bewusst kein Zeichen für Snowden und Manning.
Leidet Joachim Gauck an Amnesie? Ist er ein Opportunist? Ist er ein Extremist, der die Zerstörung des menschlichen Privatlebens nur dann für ein Problem hält, wenn sie durch den politischen Gegner betrieben wird? Oder ist Joachim Gauck mittlerweile nicht mehr frei? Ist er oder fühlt er sich erpressbar, weil er weiß, dass die NSA auch über ihn sicherlich alles gesammelt hat, was sie sammeln kann? Teilt Joachim Gauck gar eine Erpressbarkeit mit unseren anderen Spitzenpolitikern, die durch so merkwürdige Untätigkeit auffallen, während weiterhin durch befreundete Staaten und Geheimdienste Straftaten gegen die eigenen Bevölkerung begangen werden? Wäre dies der Fall, wäre die Basis der Demokratie bereits eingestürzt, weil gewählte Volksvertreter nicht mehr unabhängig handeln.
Antworten zu seinen eigenen Motiven kann nur Joachim Gauck selbst geben. Das Einzige, was aber offensichtlich aus dem Verhalten von Joachim Gauck gefolgert werden kann, ist, dass er kein Freund von Freiheit und Demokratie, sondern ihr Gegner ist. Bei Berücksichtigung seines Verhaltens gegenüber Chelsea Manning und Edward Snowden erscheinen seine sonstigen Äußerungen als eitle Sonntagsreden und reine Heuchelei!
Edward Snowden wünscht politisches Asyl in der Bundesrepublik Deutschland. Er wird politisch durch sein Heimatland verfolgt und mit lebenslanger Haft bedroht. Er hat uns allen einen enormen Dienst erwiesen. Er verdient Asyl, auch wenn die Gegner von Freiheit und Demokratie versuchen, ihn als Verräter zu brandmarken oder ihn durch Schweigen in Vergessenheit bringen wollen.
Jeder ist gebeten, die Petition an Angela Merkel „Asyl für Edward Snowden“ zu unterzeichnen und zusätzlich alles zu tun, um die Petition noch bekannter zu machen und so weitere Unterzeichner zu mobilisieren:
Einen Kommentar schreiben
Kommentar von HenryXIII |
Herr Gauck, bitte erinnern Sie sich, WO Sie herkommen und was Sie erlebt haben! Machen Sie uns Deutsche nicht noch einmal zu Menschenfeinden und gewähren Sie E.Snowden Asyl! Oder sind sie ohnmächtig geworden?!
Kommentar von besten replica uhren |
n der Tat spielt wie elegante und funktionelle Uhrengehäuse eine wichtige Rolle im Wasserdichtigkeit . Schauen Sie sich die Krone.
Kommentar von Öztürk |
Bitte Asyl für Edward Snowden