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Wer setzt Giftgas in Syrien ein?

(Kommentare: 2)

Setzt das syrische Regime oder setzen die syrischen Rebellen Giftgas ein?

In Syrien hat offenbar ein großangelegter Giftgasangriff stattgefunden mit Hunderten von Toten, ein Akt barbarischer Grausamkeit, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

 

Setzt das Regime Giftgas gegen die eigene Bevölkerung ein oder handelt es sich um einen verzweifelten und gleichzeitig eiskalt kalkulierten tödlichen Propagandaeinsatz der Rebellen, um ein militärisches Eingreifen des Westens zu erzwingen und der sich derzeit abzeichnenden Niederlage zu entgehen?

 

Bereits in der Vergangenheit gab es mehrfach Anzeichen für einen Giftgaseinsatz durch syrische Rebellen, so dass Carla Del Ponte sogar von ernsthaften Hinweisen hierauf sprach. Gleichzeitig war es den Gegnern Assads bisher nicht möglich, belastbare Belege für eine Verantwortung der syrischen Regierung vorzulegen. 

 

Günter Meyer, Leiter des Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt (ZEFAW) an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, geht im Interview mit der Basler Zeitung davon aus, dass der jetzt offenbar stattgefundene massenmörderische Einsatz von Giftgas nicht durch das Regime, sondern durch die bewaffnete Opposition verschuldet wurde. Meyer betont, dass das syrische Regime, welches derzeit die militärische Oberhand zu gewinnen scheint, nicht das geringste Interesse daran hätte, Giftgas einzusetzen.

 

Auch bei Menschenrechte.eu hatten wir bereits vor Längerem in einem Artikel darauf hingewiesen, dass ein Giftgaseinsatz durch das syrische Regime suizidal wäre und mit Sicherheit sein Ende herbeiführen würde. Demgegenüber wäre ein Giftgaseinsatz für die Rebellen dann militärisch vorteilhaft, wenn es ihnen gelingen würde, die Schuld dem Regime zuzuweisen und so eine direkte Kriegsbeteiligung westlicher Staaten zu erreichen.

 

Vor dem Hintergrund der vielfältig dokumentierten schwersten Menschenrechtsverletzungen der Rebellen bzw. einzelner Formationen des bewaffneten Widerstandes gegen das syrische Regime wäre diesen die Barbarei der massenhaften Ermordung von Menschen als Opferung für höhere politische Ziele durchaus grundsätzlich zuzutrauen. Zweifelsohne gilt dies ebenfalls für das Assad Regime, nur kann ein strategisches Interesse des Assad Regimes am Einsatz von Giftgas derzeit nicht erkannt werden. 

 

Momentan sind diese Überlegungen spekulativ. Noch wissen wir nicht, wer für den berichteten Giftgasangriff verantwortlich ist.

 

Bereits jetzt ist aber deutlich, dass die Gefahr besteht, ohne Beweise die Verantwortung dem Assad Regime zuzuweisen, den Einsatz von Giftgas durch ein militärisches Eingreifen zu belohnen und dadurch gegebenenfalls ausgerechnet diejenigen in Syrien an die Macht zu bringen, die dieses Verbrechen begangen haben.

 

An der Seite der Opfer und der Menschenrechte zu stehen, bedeutet nicht, der militärischen Eskalation das Wort zu reden, sondern auf einer tatsächlich unabhängigen und unmittelbaren internationalen Untersuchung zu bestehen.

 

Die Isolierung derjenigen Teile der syrischen Opposition, die bewaffneten Widerstand ablehnen, und die Favorisierung der militärischen Lösung auch durch die westlichen Staaten unmittelbar seit Konfliktbeginn, hat Menschenleben nicht geschützt, sondern mit zu der aktuellen Tragödie beigetragen.

 

Auf der Seite des syrischen Volkes stehend, ergibt sich als Forderung: Heraus aus der militärischen Sackgasse - heran an den Verhandlungstisch!

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Kommentar von hombre |

In der Antike fanden in der Nahostegion diejenigen Schlachten statt, die das Imperium Romanum ermöglichten, indem zunächst die Caesarmörder und später Antonius durch Augustus besiegt wurden. Im MIttelalter fanden dort diejenigen militärischen Opeationen statt, welche die Muslime niederwerfen und das Christentum zur Erdherrschaft führen sollte. Beides misslang, aus den Kreuzzügen gingen Christen wie Muslime am Ende geschwächt hervor.
Das politische Fiasko der US&GB-Zerstörung des Irak 2003 schuf das, was die USA eigentlich nicht wollen können, nämlich einen weiteren " failed state." Die NATO-Bombardierung Lybiens 2011dürfte ebenfalls in einen failed state münden.
Doch Syrien könnte das Tor öffnen für eine endlich notwendige Klärung, die bisher verschleppt wurde. Was in Syrien nicht ausgeschlossen ist, besteht nicht in der Nichtbeachtung einer Roten Linie (der Einsatz von c-Waffen durch Lybien wird von US-Studien als militärisch absurd eingestuft und bildete keine Option). Was in Syrien sich vorbereiten könnte, ist vielmehr: Das Überschrteiten der C-WAffenlinie ist für die USA, F und GB erwünscht. Im Irak-Krieg arbeitete man noch mit einem Fantasma (weapons of mass destruction in the hand of a dictator). Da jetzt tatsächlich C-Waffen zum Einsatz kommen, ist eine modernisierte Kriegsführung nicht ausgeschlossen, die am Ende eine kalkuliert nukleare Option einschließt. Vielleicht, so möchten es manche Pentagonisten, beißt ja der Iran an. Dann ließe sich endlich hegemoniale Klarheit schaffen und ein Exempel nukear erbomben, von dem sich die Region nicht ohne Unterwerfung unter die US-Hegemonie erholen würde.
Sollten die Muslime eine Theokratie vorbereiten, so möge man sich an Truman erinnern, der 1945 nach dem Doppelabwurf von A-Bomben über Japan betonte, dass Gott den USA die A-Bombe geschenkt hätten und ihnen deren weitere Nutzung gestatte.

Kommentar von hombre 2 |

Korrekturen zum Kommentar von hombre:

1.Statt "der Einsatz von C-Waffen durch Lybien" muss es heißen: "der Einsatz von C-Waffen durch Syrien"

2. Und: "dass Got den USA die A-Bombe geschenkt hätte" (nicht: hätten).