Prozess gegen ivorischen Expräsidenten Laurent Gbagbo: Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag agiert einseitig
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Vor dem Internationale Strafgerichtshof in Den Hag hat mit den Verhandlungen gegen den vorherigen Präsidenten der Elfenbeinküste (Ivory Coast, CoteD'ivoire) Laurent Gbagbo begonnen. Vorgeworfen werden ihm Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Gbagbo sei verantwortlich für die Ermordung, Vergewaltigung und Verfolgung von Hunderten politischen Gegner. Die Verteidigung wies die Vorwürfe als politisch motiviert zurück, warf der Anklage Einseitigkeit vor, da sie sich ausschließlich auf Informationen aus dem Kreis des Widersacherrs von Gbagbo, des derzeitigen ivorischen Präsidenten Alassane Ouattara stütze. Vor dem Gerichtgebäude protestierten derweil Anhänger Gbagbos, die den Prozess als Ausdruck einer Parteinahme des Gerichtes für den durch den Westen unterstützten Ouattara denunzierten.
Tatsächlich findet der Prozess unter besonderen Bedingungen statt, die die Unparteilichkeit des Gerichtes berühren und Zweifel begründen, ob hier Gerechtigkeit geschieht. Dies kann aber nur nachvollzogen werden, wenn die Vorgeschichte des Konfliktes, einschließlich der Rollen von Laurent Gbagbo, Alassane Ouattara, der westlichen Staaten, allen voran Frankreich, und der UN betrachtet wird:
Umstrittene Wahlen
Ausgangspunkt der Auseinandersetzung zwischen dem damaligen Präsidenten der Elfenbeinküste Gbagbo und seinem Widersacher Alassane Ouattara war die Fragestellung, wer die Präsidentschaftswahlen im Oktober 2010 gewonnen hatte. Die Wahlkommission konnte sich auf keine konsensuelle Entscheidung einigen, ging aber in ihrer Mehrheit von einem Wahlsieg Ouattaras aus. Gbagbo und seine Anhänger erhoben Vorwürfe von Wahlmanipulation, die dann vom obersten Verfassungsrat des Landes geteilt wurden. Bei Ungültigerklärung der Ergebnisse aus allen nördlichen Landesteilen ergab sich nunmehr ein knapper Wahlsieg Gbagbos. Gbagbo ließ sich daraufhin zum Präsidenten vereidigen. Frankreich, die anderen westlichen Staaten und auch die durch diese maßgeblich dominierte UN stellten sich demgegenüber auf die Seite Quatarras. Die UN zertifizierte die durch die Mehrheit der Wahlkommission bekannt gegebenen Ergebnisse und ging seither von einer legitimen Präsidentschaft Ouattaras aus.
Vormarsch der Rebellen und Präsidentschaft Ouattaras
Verhandlungslösungen scheiterten an der Unvereinbarkeit beider Ansprüche. Sanktionen wurden durch die UN gegen Gbagbo, seine Regierung und letztlich das ganze Land verhängt. Militärische Lösungen durch afrikanische Truppen aus anderen Ländern wurden erwogen, aber verworfen. Schließlich entschied sich Ouattara, unterstützt durch die UN und Frankreich, für eine militärische Lösung und ließ die maßgeblich durch ihn geprägte Rebellenbewegung aus dem Norden im ganzen Land, einschließlich der Hauptstadt, einmarschieren.
Bei schnellem, auch durch Massenexekutionen von tatsächlichen oder vermeintlichen Anhängern Gbagbos geprägtem Durchmarsch der damaligen Truppen Ouattaras, stieß ihr Vormarsch in der Hauptstadt auf den entschiedenen Widerstand von Gbagbo, der ivorischen Armee und mit Gbagbo verbündeter Milizen, wie auch eines erheblichen Teiles der Bevölkerung.
Die Truppen Ouattaras waren letztlich nicht aus eigener Kraft dazu in der Lage, den Sieg zu erringen, zumal sie in der Hauptstadt nicht auf eine sie in ihrer Mehrheit unterstützende Bevölkerung stießen. Erst durch den militärischen Einsatz der UN und vor allem von Frankreich gelang die Niederschlagung des Widerstandes der ivorischen Armee und der Anhänger Gbagbos sowie die Verhaftung von Gbagbo und seiner Ehefrau, die sich zuletzt in einem unterirdischen Bunker unter dem Präsidentenpalast verschanzt hatten. Derweil hielt sich Ouattara in einem zur Festung ausgebautem internationalem Hotel auf, wo er u.a. von der UN beschützt wurde. In dieses Hotel ließ er nachfolgend auch den vorherigen Präsidenten der Elfenbeinküste und seine Frau bringen. Die Bilder des verwirrt und verängstigt wirkenden Paares mit einem offensichtlich durch Schläge im Gesicht verletzen Gbagbo gingen damals um die Welt.
Im Anschluss ließ sich Ouattara zum Präsidenten ausrufen. Gegenwärtig ist das Land nach wie vor gespalten. Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung. Ein bedeutsamer Anteil der Bevölkerung ist weiterhin auf der Flucht und es nehmen militärische Auseinandersetzungen zu, wobei Anhänger Gbagbos eine Art Guerillakrieg führen, auf die die insbesondere durch die früheren Rebellen gebildete Armee mit Vergeltungsschlägen und Verhaftungen reagiert. Eine Versöhnung der sich feindlich gegenüberstehen ungefähr gleichstarken Bevölkerungsteile ist nicht in Sicht.
Wer gewann und wer verlor die Wahlen?
In Wirklichkeit ist die Frage, wer die Wahlen in der Elfenbeinküste gewonnen hatte, nicht leicht zu beantworten:
Formal gesehen können sowohl Ouattara (UN-Zertifizierung) als auch Gbagbo (Oberster Verfassungsrat) Argumente ins Feld führen, die nicht sofort von der Hand zu weisen sind. Nach UN Einschätzung hat Ouattara 54% der Stimmen und Gbagbo 46% der Stimmen erzielt.
Die Ergebnisse im Einzelnen zeigen, dass Ouattara in allen Gebieten des Nordens und Gbagbo in allen anderen Gebieten des Landes die Mehrheit der Stimmen erzielte. Werden die Ergebnisse in den nördlichen Gebieten betrachtet, fallen ungewöhnlich hohe Zustimmungsraten für Ouattara von bis zu über 97% auf. Diese Ergebnisse lösten bei den Anhängern Gbagbos und auch beim Verfassungsrat Zweifel auf, weil das Ausmaß der Zustimmung als bei Zugrundelegung einer demokratischen Prozedur nicht mehr realistisch bewertet wurde. In der Tat lassen auch einen unvoreingenommenen Beobachter diese Wahlergebnisse eher an Wahlen in Syrien oder den vormals realsozialistischen Staaten denken als an einen demokratischen Wettstreit. Zudem berichtete die UN selbst, dass in ca. 10% der Wahlurnen mehr Stimmen gefunden worden seien als es Wähler gegeben habe (siehe FAZ-Bericht). Dennoch stellte sich die UN damals auf die Position, dass dies keinen Zweifel an dem Sieg Ouattaras begründe. Dieser Schluss ist allerdings auch im Rückblick wenig nachvollziehbar, zumal wenn der knappe Ausgang der Wahl berücksichtigt wird. Darüber hinaus ergeben sich aus einem solche Befund aber auch allgemeinere Zweifel, welches Vertrauen man in alle ausgefüllten Stimmzettel setzen kann, wenn doch mehr von ihnen existieren als es überhaupt jemals Stimmberechtigte gab? Tatsächlich wäre nämlich bei einer ordnungsgemäßen Wahl zu erwarten gewesen, dass sich in den Wahlurnen weniger Stimmzettel als Wahlberechtigte befinden, weil niemals eine 100% Wahlbeteiligung erreichbar sein dürfte. Wieso es aber bei den Wahlen in der Elfenbeinküste sogar zu Wahlbeteiligen von 110% kam, ist bis heute unbeantwortet.
Hinzu kam der strittige Sachverhalt, ob die Menschen in den Rebellen kontrollierten Gebieten offen für Gbagbo Wahlkampf machen und für ihn eintreten durften? Seitens der Anhänger Gbagbos wurde diese Frage verneint, seitens der Anhänger Ouattaras aber bejaht. Als Kontext ist zu berücksichtigen, dass in diesen nördlichen Gebieten die mit Ouattara verbündete Rebellenbewegung die militärische Kontrolle ausübte, wobei diese Rebellenbewegung wiederum seit 2002 für schwere Menschenrechtsverletzungen bekannt gewesen ist, einschließlich Massaker und Erpressungen. Berichtet wurde damals von einem Klima des Gesetzlosigkeit in den durch die Rebellen kontrollierten Gebieten, wobei aus eben diesen Gebieten bei der Wahl nun Zustimmungsraten für den durch die Rebellen unterstützen Präsidentschaftskandidaten Ouattara von bis zu 97% berichtet wurden.
Die UN wies damals alle Einsprüche gegen das Wahlergebnis zurück, verzichtete aber dabei auf eine weitergehende Überprüfung der Vorwürfe. Auch eine geforderte Stimmennachzählung lehnte sie ab und ließ stattdessen Ouattara zum legitimen Präsidenten des Landes erklären, was weitgehend nicht hinterfragt auch von der großen Mehrzahl der westlichen Medien übernommen und seither wiederholt wird.
Gründe der Parteinahme für Ouattara
Ein unparteiischer Beobachter kann nur zu der Schlussfolgerung gelangen, dass ein Wahlsieger nicht feststellbar gewesen ist. Nach den Wahlen in der Elfenbeinküste 2010 war ebenso wenig wie vor den Wahlen bekannt, auf auf welcher Seite die Mehrheit der Bevölkerung tatsächlich stand. Ob Ouattara oder Gbagbo die meisten Stimmen erhielten, ist unbekannt. Die nach wie als Tatsache dargestellte gegenteilige Position der westlichen Staaten, allen voran Frankreich, und der UN beruht nicht auf Fakten, sondern ist als eine eine politische Entscheidung im Sinne einer Parteinahme des pro-westlichen Quaatars, der lange Zeit Funktionär des Internationalen Währungsfonds (IWF) war und der persönlich engste Beziehungen mit dem französischen Präsenten unterhielt, der offenbar auch anwesend war bei der Hochzeit von Ouattara mit einer französischen Multimillionärin (siehe Spiegel-Bericht), die auch in der Elfenbeinküste geschäftlich involviert ist und nunmehr gemeinsam mit ihrem Ehemannn den Präsidentenpalast bewohnt.
Über die Gründe der einseitigen Parteinahme für Ouattara mag man spekulieren. Sicherlich spielen auch wirtschaftliche Überlegungen, gerade bei der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich, eine Rolle. Schließlich ist Ouattara als Garant bester Bedingungen für ausländische Konzerne bereits seit seinen Zeiten als Premier des ivorischen Diktators Félix Houphouët-Boigny (1960-93) bekannt. Während rings um ihn Menschen verhungerten, ließ dieser Diktator, dem Ouattara bis zuletzt diente, für 250 Millionen Euro eine Kopie des Vatikanischen Petersdoms bauen (siehe hier). Demgegenüber verbrachte Laurent Gbagbo zwei Jahre unter dem Diktator in Haft und musste anschließend ins Exil gehen, während Ouattara im Anschluss an seinen Dienst für Houphouët-Boigny zum hochrangigen IWF-Funktionär berufen wurde.
Ein wesentlicher Aspekt der Parteilichkeit der UN ist vermutlich aber auch der Versuch, das eigene Scheitern zu verdecken. Denn die Wahlen hatten unter falschen Voraussetzungen stattgefunden, indem die vereinbarte Entwaffnung der Rebellen wie auch ein Minimum an gesellschaftlicher Versöhnung und Ausgleich nicht bereits zum Zeitpunkt der Wahlen gegeben waren. Dies einzugestehen hätte aber für die UN geheißen, den eigenen Ansatz zu hinterfragen und für ungültig zu erklären. Die sofortige Zertifizierung eines in Wirklichkeit strittigen Wahlergebnisses dürfte somit vor allem auch der Verschleierung der eigenen Fehler gedient haben.
Duldung von Menschenrechtsverletzungen
Mit ihrer einseitigen Parteinahme für Ouattara und ihrem direkten militärischen Angriff auf die ivorische Armee trug die UN damals zu einer Eskalation von Menschenrechtsverletzungen bei, anstatt diese einzudämmen. Denn der durch Ouattara ausgerufene, offensichtlich mit der UN abgesprochene und durch die westlichen Staaten, insbesondere Frankreich, unterstützte Vormarsch der damaligen Rebellen-Truppen führte in Teilen des Landes zu einer Politik der verbrannten Erde mit Verlustanzahl unter der Zivilbevölkerung, die deutlich geringer gewesen wären, selbst wenn sich der Konflikt auf vorherigem Niveau noch monatelang oder sogar jahrelang hingezogen hätte. Der Westen und die UN wollten aber ganz offensichtlich lieber ein Ende mit Schrecken als die Fortsetzung eines quälenden Konfliktes. Das Leben unzähliger Menschen, die sonst nicht gestorben wäre, wurde dem angestrebten Eigeninteresse einer schnellen Beendigung der Legitimitäts-Krise und Blockade geopfert. Als Schützerin der Menschenrecht haben die Vereinten Nationen aber damals in der Elfenbeinküste versagt.
Die westlichen Staaten, die UN und auch die westlichen Medien verwiesen während der gesamten Zeit des Konfliktes unisono auf den angeblichen Wahlsieg Ouattaras mit gleichzeitigem Verweis auf schwere Menschenrechtsverletzungen der mit Gbagbo verbündeten Truppen und Milizen, die willkürliche Inhaftierungen, Folter, Vergewaltigungen und Tötungen beinhalteten. Demgegenüber herrschte aber beunruhigende Stille über die durch die Ouattara Truppen verübten Menschenrechtsverletzungen, auch als immer deutlicher wurde, dass spätestens seit dem Vormarsch der durch Ouattara persönlich gerufenen Rebellen-Verbände der größte Teil der Menschenrechtsverletzungen nicht durch Gbagbo Anhänger, sondern durch die Truppen Ouattaras begangen wurden, die bei ihrem Durchmarsch systematisch Dörfer und Städte niederbrannten, Frauen vergewaltigten und alle wirklichen oder vermeintlichen Gbagbo-Anhänger, primär selektiert nach ethnischen Kriterien, exekutierten. Verbrennungen bei lebendigem Leib und das Hinabstoßen lebender Menschen in Schächte stellten einige der besonders grausamen Tötungsarten dar, die durch die Truppen Ouattaras begangen wurden. Hinterlassen wurden verwüstete Städte und Dörfer, die lange Zeit menschenleer blieben. Es resultierte eine Fluchtbewegung, die die Größenordnung von einer Millionen Menschen erreichte. Das rote Kreuz dokumentierte Massaker großen Ausmaßes und in Interviews mit Menschenrechtsorganisationen berichteten die Überlebenden von einer Menschenrechtskatastrophe (siehe Guardian-Bericht und HRW-Bericht), die demnach einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit bereits genozidähnliche Charakter entsprach.
Diesen Menschenrechtsverletzungen schauten die UN und die westlichen Staaten tatenlos und weitgehend wortlos zu. Sie ließen unbeeindruckt von dem durch die Ouattara Truppen verübten Verbrechen zu keinem Zeitpunkt an ihrer Entschlossenheit zweifeln, Ouattara in das Präsidentenamt zu bringen. Die westlichen Staaten und die UN waren damals bereit, einen hohen Preis an Menschenleben für die Durchsetzung der durch sie als legitim bezeichneten Präsidentschaft Ouattaras in Kauf zu nehmen. Selbst als Menschenrechtsverletzungen der Ouattara Truppen eskalierten, wurden vorwiegend Menschenrechtsverletzungen der Gabgbo Anhänger thematisiert, wodurch die Optik von den zur gleichen Zeit stattfindenden Menschenrechtsverletzungen der Ouattara Truppen abgelenkt und den Ouattara Truppen so die Rückendeckung gegeben wurde, ihren Vormarsch fortzusetzen. Es bedurfte aber des direkten militärischen Einsatzes Frankreichs, um den Vormarsch der Ouattara Truppen mit der Verhaftung von Gbagbo und seiner Ehefrau zu seinem finalen Ziel zu bringen.
Gab es Alternativen?
Das Vorgehen der westlichen Staatengemeinschaft und der UN war nicht alternativlos. So hatte in einer umfassenden Analyse das International Institute for Justice and Development vorgeschlagen, alle Stimmen mithilfe international anerkannter und unparteiischer NGO´s nachzuzählen, in Gebieten, wo Gewalt herrschte oder strittige Ergebnisse vorlagen, nachzuwählen oder gar, wenn erforderlich, im gesamten Land einen erneuten Wahlgang mit verbesserten Kontroll- und Beobachtungsmöglichkeiten zu organisieren. Die Implementierung dieses Vorschlages wäre sicherlich aufwändig gewesen und hätte Zeit gekostet. Aber wäre dies getan worden, hätten wahrscheinlich ;Menschenleben gerettet werden können und Aussichten auf eine friedliche Lösung dieses tatsächlich nach wie vor ungelösten Konfliktes wären begründet worden. Stattdessen entschieden sich die UN und allen voran ein womöglich damals auch zusätzlich aus innenpolitischen Gründen äußerst aggressiv auftretendes Frankreich für eine Strategie des militärischen Sieges, die zwar tatsächlich zum Sieg, nicht aber zu einer Lösung des seither fortbestehenden Konfliktes führte.
Internationaler Strafgerichtshof legitimiert Ouattara
Die Problematik des aktuellen Prozesses gegen den früheren ivorischen Präsidenten Gbagbo vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ist, dass das Gerichtsverfahren sich als Fortsetzung der durch Westen und die UN praktizierten Strategie der einseitigen Parteinahme darstellt. Während der vorherige Präsident Gbagbo im Gefängnis in Den Haag inhaftiert ist und ihm nunmehr wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Prozess gemacht werden soll, residiert sein vom Westen unterstützter Widersacherr Alassane Ouattara im Präsidentenpalast einer gespaltenen Nation. Als er aber seine Rebellen-Armee zum Vormarsch auf die Hauptstadt aufrief, musste er wissen, dass dies nur um den Preis eines Verbrechen gegen die Menschlichkeit möglich sein würde. Anklage und Prozess gegen Gbagbo blenden damit die Mehrzahl der Opfer dieses Konfliktes aus, die nicht durch Anhänger, Truppen oder Milizen Gbagbos, sondern durch die Rebellenarme von Alassane Ouattara zu Tode kamen, gefoltert oder vergewaltigt wurden. Diesen Opfern geschieht keine Gerechtigkeit. Denn ebenso wie in Den Haag so werden auch in der Elfenbeinküste seit Amtsantritt Ouattara ausschließlich die Anhänger seines Widersacherrs unter oftmals rechtsstaatlich fragwürdigen Umständen zur Verantwortung gezogen, während kein einziges der durch Anhänger Ouattara begangenen Verbrechen bestraft wurde. Selbst Exzesse von Grausamkeit und Gewalt wie der Abwurf lebendiger Menschen in Schächte durch die Ouattara Truppen bleiben ungesühnt.
Niederlage für Versöhnung und Gerechtigkeit
In der Elfenbeinküste gibt es keine Versöhnung. Die mithilfe einer ausländischen Intervention sowie einer äußerst brutalen Rebellenbewegung an die Macht gelangte Regierung der Elfenbeinküste und ihr Präsident Alassane Ouattara repräsentieren nur die Hälfte des Volkes. Die andere Hälfte der ivorischen Nation steht der eigenen Regierung ablehnend gegenüber und spricht der Präsidentschaft Ouattaras und seiner Regierung nach wie vor die Legitimität ab. Dies andere Hälfte des ivorischen Volkes erlebt sich als durch Präsident Ouattara und seine Regierung marginalisiert, verfolgt und seiner Recht beraubt.
Laurent Gbagbo ist in Den Haag inhaftiert, aber sein politischer Einfluss in der Elfenbeinküste ist weiterhin groß. Um seinen Einfluss zu mindern, vor allem seine dauerhafte Abwesenheit sicher zu stellen und die Rechtmäßigkeit seiner eigenen Präsidentschaft auch vor dem eigenen Vol zu belegen, setzt der Amtsinhaber Ouattara auf die Delegitimierung der Politik und Person seines alten Widersacherrs durch den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.
Der Anklage und dem Gericht in Den Haag ist nicht vorzuwerfen, welche Erwartungen und Hoffnungen der derzeitige Präsident der Elfenbeinküste mit dem Prozess gegen seinen Amtsvorgänger verbindet. Vorzuwerfen aber ist der Anlage wie auch dem Gedicht, dass sie einen Prozess in grotesker Einseitigkeit führen, der dem tatsächlichen Ablauf des anhaltenden Konfliktes in der Elfenbeinküste und seiner Opfer nicht gerecht wird.
Anklage und Gericht haben auf die Unterstützung der derzeitigen Regierung der Elfenbeinküste zurück gegriffen, um dem früheren Präsidenten der Elfenbeinküste habhaft zu werden und ihn vor Gericht zu stellen. Dafür haben Anklage und Gericht es hingenommen, dass die gleiche Regierung der Elfenbeinküste und ihr Präsident nach wie vor jede Kooperation bei der Aufklärung der eigenen Verbrechen verweigern und Gerechtigkeit ausschließlich als Abrechnung mit dem politischen Gegner mit den Mitteln der Strafjustiz verstehen. Diesem Verständnis schließen sich Anklage und Gericht an, indem sie auf eine tatsächliche juristische Aufarbeitung der in der Elfenbeinküste begangenen Menschenrechtsverletzungen verzichten und dadurch einen Prozess als einseitige Farce führen.
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag setzt mit dem Prozess gegen den ehemaligen ivorischen Präsidenten Laurent Gbagbo kein Zeichen für den Schutz der Menschenrechte, sondern lässt sich politisch instrumentalisieren. Leidtragende sind das ivorische Volk und die internationale Gerechtigkeit.
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