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Türkei-Deal: Merkels Europa der Menschenhändler

(Kommentare: 4)

Angela Merkel ist offenbar stolz auf den maßgeblich durch sie eingefädelten Deal mit der Türkei. Diese soll Flüchtlinge zurücknehmen,  erhält dafür einige Milliarden, kann andere Flüchtlinge abgeben und es werden Visaerleichterungen für Türken, die in die EU reisen wollen, in Aussicht gestellt.

 

Möglich wird der Deal durch die Definition der Türkei als sicheres Drittland. Demnach ist die Türkei ein Land, in dem keine wesentlichen Menschenrechtsverletzungen stattfinden und Flüchtlinge nichts zu befürchten haben. Motivation des Deals ist die Erwartung, dass die Rückführung von Flüchtlingen in die Türkei sich abschreckend auf den Flüchtlingsstrom auswirken wird. Die Flüchtlingsanzahl soll nach dieser Logik durch Abschreckung und Abschottung reduziert werden können, selbst wenn die Ursachen, die in Krieg und Verfolgung liegen, aufrechterhalten bleiben.

 

Der EU-Deal mit der Türkei ist für letztere und insbesondere für ihren Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ein großer Erfolg. Während internationale Menschenrechtsorganisationen, wie Amnesty International, der Türkei schwere Menschenrechtsverletzungen vorwerfen, stellen Angela Merkel und die anderen Regierungschefs der EU-Länder der Türkei und ihrem Präsidenten einen Persilschein aus. Dies ist der Preis des Deals - denn würden die düsteren Realitäten anerkannt, wäre es rechtswidrig, die Türkei zum sicheren Drittland zu erklären. Dabei sind die Vorwürfe gegen die Türkei schwerwiegend und die Belege sind kaum zu leugnen (Quellen finden sich u.a. in Berichten von Amnesty International hier, hier und hier):    

 

- Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak sind in der Türkei alles andere als sicher, sondern sind dem Risiko ausgesetzt, direkt in die Kriegsgebiete zurückgeschickt zu werden. Tatsächlich gibt es in der Türkei auch kein funktionsfähiges Asylrecht. Filippo Grandi, UN Hochkommissar für Flüchtlinge, zweifelt entsprechend die Rechtmäßigkeit des Türkei-Deals an und sieht ebenfalls die imminente Gefahr, dass Flüchtlinge in Kriegsgebiete zurückgesandt werden.

 

-  Nur ca 10% der Flüchtlinge aus Syrien werden in ordnungsgemäßen Flüchtlingslagern untergebracht, der Rest muss ohne medinische Versorgung, Verpflegung, Unterkunft oder Schule für die Kinder versuchen, aus eigener Kraft zu überleben. So werden die Straßen Istanbuls längst bevölkert von syrischen Flüchtlingen, unter ihnen eine große Anzahl an Frauen und Kinder, die ohne jede Perspektive und im Elend leben. Weder die türkische Regierung noch die Länder der europäischen Union haben seit Jahren auch nur das geringste Interesse gezeigt, an dieser Situation etwas zu ändern.

 

- Die Meinungsfreiheit wird in der Türkei immer mehr eingeschränkt. Journalisten, die über türkische Waffenlieferungen an ISIS und Terroristen berichten, werden schikaniert, inhaftiert und sogar mit lebenslanger Haft bedroht. Wissenschaftler, die die Menschenrechtsverletzungen der Regierung kritisieren, sehen sich ebenfalls Bedrohungen und Inhaftierungen ausgesetzt.

 

- In dem von Kurden bewohnten Gebieten im Südosten der Türkei sind schwerste Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung. Mit wochenlangen Ausgangssperren werden ganze Stadtteile vom Zugang zu Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung abgeschnitten. Amnesty International wirft der türkischen Regierung  kollektive Bestrafungsmaßnahmen vor, die das Leben zehntausender Menschen gefährden. Rücksichtslos würden auch schwere Waffen in Wohngebieten eingesetzt, wodurch immer wieder Zivilisten und Kinder getötet würden.

 

Angela Merkel nimmt für sich die Werte von Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde in Anspruch. Gleichzeitig lässt sie wider alle Fakten ein Land, welches schwerste Menschenrechtsverletzungen begeht, zum verfolgerfreien Staat erklären. Gleiches ist mit anderen Verfolgerstatten geplant, wobei die Bundesregierung eine Zusammenarbeit in der Flüchtlingsfrage sogar mit dem Schergen und Massenmörder Fattah al-Sisi, dem Präsidenten Ägyptens, anstrebt, der nach Angaben von Human Rights Watch in seinem Heimatland ein ägyptisches Tianamen Massaker begangen hat und tagtäglich Menschen inhaftieren, verschleppen, foltern, gar zu Tode foltern lässt. Ausgerechnet an diesen Menschenschinder versandte die Bundesregierung einen Brandbrief, in dem sie ihn nicht zur Beendigung der Menschenrechtsverletzungen, sondern zur besseren Kooperation bei Abschiebungen aufforderte!

 

Was Angela Merkel, die Bundesregierung und die anderen Staaten der EU mit den Flüchtlingen betreiben, ist der erbärmliche Ausdruck eines egoistischen und menschenrechtsvergessenen Europas, welches durch Krieg und Verfolgung entstandene Fluchtbewegungen durch einen Kahlschlag bei den Menschenrechten begegnet. Die Regierungschefs der EU lassen sich von Fremdenfeinden und rechtsradikalem Mob treiben und schämen sich nicht, schwarz zu weiß und rot zu blau zu erklären, wenn es ihrem Abschottungsinteresse dient. Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus dämmen sie damit nicht ein, sondern gießen Öl in deren menschenverachtende Brandsätze.  So fühlen sich in Deutschland die Schergen und das desinformierte Fußvolk von AfD und Pegida ermutigt, zu weiteren fremdenfeindlichen Ufern aufzubrechen, gerade weil die Regierungspolitik ihnen so weit entgegenkommen ist.

 

Während vor den Toren Europas 10000 Menschen in Schlamm und Unwetter in Indomeni ausharren und Epidemien nicht mehr verwunderlich wären, haben Angela Merkel und ihre Kollegen beschlossen, dass Menschenrechte nur gelten, wenn es opportun ist. Nach dieser neuen Merkel-Doktrin existieren Menschenrechtsverletzungen nicht, wenn sie den eigenen Interessen dienen.

 

Der Begriff Merkel-Doktrin mag auf den ersten Blick überzogen scheinen, aber Angela Merkel ist die Vorreiterin des Türkeideals und damit einer Politik der Legitimierung selbst schwerster Menschenrechtsverletzungen.  Während sich Angela Merkel international als human ausgerichtete Politikerin feiern lässt und alle Tatsachen ignorierende Konservative und Rechtsradikale ausgerechnet ihr eine Politik pro-Flüchtlinge vorwerfen, betreibt sie tatsächlich jenseits von verbalen Verrenkungen eine Politik der Abschottung.

 

Mit ihrer Akzeptanz für Menschenrechtsverletzungen unterscheiden sich die EU-Staaten nicht mehr tiefgreifend von Verfolgerregimen, wie China oder eben auch der Türkei, die notorisch dafür bekannt sind, fraglos bestehende Menschenrechtsverletzungen kaltschnäuzig in Abrede zu stellen oder höhere Interessen des Staates als Legitimation für unverhältnismäßige Gewalt gegen Individuen und Gruppen zu bemühen.  Gleiches geschieht heute mit den Flüchtlingen in Europa und vor seinen Toren.

 

Der Deal mit der Türkei ist schmutzig und im Grunde weiß dies jeder. Angela Merkel ist als Bundeskanzlerin durch diesen Deal zur regierungsamtlichen Menschenhändlerin geworden. Indem die Bundesrepublik Deutschland und die anderen Staaten der Europäischen Union Verfolgerstaaten verbal zu sicheren Drittländern machen, verstoßen sie selbst gegen alle Grundsätze von Wahrhaftigkeit und Rechtsstaatlichkeit. Eigentlich scheint es kaum vorstellbar, dass die Rechtssprechung dieser rechtswidrigen Praxis folgen wird. Aber wie unabhängig ist die Justiz, wenn Politiker enormen Druck entfalten und Deals im Wert von Abermilliarden Euro zur Disposition stehen?

 

John Dalhuisen, der europäische Direktor von Amnesty International, bewertet den Türkei-Deal mit deutlichen Worten: “It’s a really grim day and it’s a really grim deal. It’s being celebrated by people who are dancing on the grave of refugee protection, who want to enforce Fortress Europe and who don’t want these refugees in our countries.“

 

Rückblickend wird sich eines Tages womöglich folgende noch schärfere Bewertung ergeben:

 

Als aufgrund von Krieg und Terror einige Millionen Menschen Schutz suchten, brach das rechtsststaatliche Europa wie ein Kartenhaus zusammen und wurde - mit angetrieben durch Fremdenfeinde, Rechtsradikale und Egoisten - zu einer Union von Unrechtsstaaten. So könnte das historische Urteil über Angela Merkel und ihre Amtskollegen jedenfalls dann ausfallen, wenn der Wahnsinn der europäischen Abschottungspolitik nicht gestoppt werden kann und die Geschichtsschreibung sich anders als die Politik nicht an Verleugnung und Lüge, sondern an Wahrhaftigkeit ausrichtet.

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Kommentar von Hella |

Mit dem Inhalt des Artikels gehe ich konform. Ich vermisse aber Beschreibungen alternativer Möglichkeiten.

Kommentar von Gloria Molak |

Ein unglaublich schmutziger Handel. Ich schäme mich für Deutschland. Mit Waffengewalt werden alte Frauen und Kinder zurück nach Syrien getrieben. Ich habe auch einmal gesagt "wir schaffen das" und ich sage es noch immer, aber nicht mit dieser Kanzlerin. Pfui Teufel!

Kommentar von andrea schmid |

angela merkl und co sollten angeklagt werden, verletzung und vergehen am volk und europa sowie betrug - sofortige entziehung des amtes.

Kommentar von Dagmar Rothfuß |

Unerträglich was die Menschen auf der Flucht wegen politischer Entscheidungen ertragen müssen...der unseriöse "Handel" mit der Türkei ist in meinen Augen verwerflich!