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Orlando-Massaker: Konsequenz muss vollständige Gleichberechtigung sein

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Das blutige Massaker in Orlando richtete sich vor allem gegen eines: Gegen eine offene Gesellschaft, in der Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen friedlich miteinander leben. Es richtet sich gegen die Idee und Praxis der Diversität, die alle menschenwürdigen Gesellschaft bereits allein deshalb auszeichnet, weil Menschen unterschiedlich sind und diese Unterschiedlichkeit auch zeigen, wenn es ihnen erlaubt wird. Das Massaker gegen Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transsexuelle in Orlando ist daher ein reaktionärer Angriff auf eine emanzipatorische Gesellschaft, in der Familie, Sexualität und Liebesbeziehungen nicht mehr notwendigerweise einer heteronormativen Struktur folgen.

 

Ob durch Christen verübte Terrorattacken gegen Familienplanungseinrichtungen oder der jetzige durch einen (offenbar ansonsten wenig gläubigen) Muslim verübte Massen-Terrorakt gegen Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transsexuelle - die Gegner der emanzipatorischen Gesellschaft wollen der Gesellschaft ihren eigenen anti-emanzipatorischen Charakter aufzwingen. Sie wollen eine Gesellschaft, in der ihr reaktionäres und überkommenes Familienbild zum allgemeinen Maßstab genommen wird. Denen, die diesem Bild nicht entsprechen, soll keine Anerkennung zukommen. Sie sollen sich mindestens verstecken, wenn sie nicht gar aktiv verfolgt werden sollen.

 

Anti-emanzipatorischer Geist eint diejenigen, die scheinbar ärgste Gegner sind. Zu erinnern sei für die Bundesrepublik Deutschland an den Zwischenruf des AfD Abgeordneten Gehlmann im Landesparlament von Sachsen-Anhalt: Als es um die Ausgrenzung und Verfolgung Homosexueller in den muslimischen Maghrebstaaten ging, äußerte er gemäß Protokoll: „Das sollten wir in Deutschland auch machen!"“. Verachtung gegenüber Lesben und Schwulen lässt einen AfD Abgeordneten hier das Loblied auf Staaten mit muslimischer Mehrheitsbevölkerung singen, während seine Partei gleichzeitig nicht legitime Religionskritik, sondern reaktionäre Islamphobie und Islamhass verbreitet.

 

Dies ist kein Widerspruch, sondern schuldet sich der Ablehnung von Diversität und Vielgestaltigkeit, der jeder zum Opfer fallen kann und wird, der nicht in das enge und kleingeistige Bild der AfD Familien- und Gesellschaftspolitik passt. Die Ablehnung des Islam ist dabei nicht Ausdruck einer legitimen, emanzipatorischen und befreienden  Religionskritik, sondern sie ist nebenfolge des Hasses gegen alle Diversität und droht damit letztlich zum Menschenhass zu werden.

 

Gleichzeitig ist aber auch der Bundesregierung zuzurufen:

 

Wer Staaten, in denen Homosexuelle schikaniert, verfolgt, inhaftiert und gefoltert werden, als sichere Herkunftsländer definiert, der spült Wasser auf die Mühlen der anti-emanzipatorischen Kräfte!

 

Wie kann, wie muss eine emanzipatorische Gesellschaft auf den Terrorakt von Orlando reagieren?

 

Die einzige angemessene Antwort lautet, den Gegnern von Emanzipation und Diversität keinen Schritt entgegenzukommen. Sie dürfen durch ihren Terror nicht zum Ziel gelangen. Die einzig richtige und notwendige Antwort auf den Terror lautet deshalb, jetzt die vollständige Gleichberechtigung Homosexueller, Bisexueller und Transsexueller entschieden voran zu treiben. Dass zur Gleichberechtigung auch das volle Heirats- und Adoptionsrecht gehören, ist selbstredend. Ebenso sollte die  überkommende Ausrichtung der Gesellschaft an einer binären Geschlechternorm durch die ebenso vollständige Gleichberechtigung und Integration von Menschen mit drittem Geschlecht (Intersexualität) endlich umgesetzt werden.

 

Die Sprache der Diversität ist die beste und wirksamste Methode, um den Fanatikern einer monolithischen Gesellschaft mit nur einer Religion, einer Form der Familie und einer Lebensart Einhalt zu gebieten. Dies sollte und könnte sich auch die Bundesregierung in Deutschland zu Herzen nehmen und nunmehr als Zeichen der Solidarität den dramatischen Rückstand bei der Gleichberechtigung queerer Lebensweisen konsequent aufholen.

 

Verfasser: Guido F. Gebauer

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