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Warum schweigt Carla Del Ponte und warum fragt niemand nach?

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Die USA steuern auf einen Militärschlag gegen Syrien zu. Der Militärschlag wird offenbar ohne unterstützende UN-Resolution stattfinden und insofern eine Verletzung internationalen Rechtes darstellen.

 

Die US Regierung rechtfertigt den avisierte Rechtsbruch mit einem in Rede stehenden Giftgasangriff der syrischen Regierung auf ihre durch den Westen unterstützen militärischen Gegner.

 

Die syrische Regierung hat demnach gemäß der Argumentation der US-Regierung zu einem Zeitpunkt, wo die Rebellen in der Defensive und UN Beobachter im Land waren, Giftgas eingesetzt. Ist dem so, kann nur von einem suizidalen Akt gesprochen werden. Denn dass ein Giftgasangriff durch die syrische Regierung entdeckt und zu einem Militärschlag der USA führen würde, war der syrischen Regierung ebenso bekannt wie allen anderen politischen Akteuren und Beobachtern auf der Welt. Übrigens sicherlich auch den Rebellen, deren Überleben und angestrebte Machtübernahme - dies wurde in den letzten Monaten und Wochen noch deutlicher als zuvor - von einem Militärschlag der USA abhängig ist. Ohne Militärschlag ist ihre Niederlage unausweichlich. Auch dies dürfte im Bewusstsein aller Seiten verankert sein und sollte bei der Motivationsanalyse wenigstens mit berücksichtigt werden.

 

Ein Giftgasangriff ist ein Verbrechen gegen die die Menschlichkeit. Führen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Erfolg, werden diese belohnt und werden als Konsequenz weitere Nachahmer finden. Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit bedarf einer internationalen Reaktion.

 

Doch rote Flaggen werden sichtbar, die die dargestellte Gewissheit der US-Regierung in Zweifel ziehen, dass es tatsächlich die syrische Regierung war, die Giftgas einsetzte:

 

Die USA werfen der syrischen Regierung den Einsatz von Saringas vor. Proben hätten den Einsatz von Sarin-Gas belegt. Genau dies ist jedoch kein Beleg für eine Verantwortung der syrischen Regierung. Im Gegenteil, führt die Sachlage, dass die USA offenbar über nicht genannte Zuträger positive Sarin-Proben aus Syrien erhalten haben, bei Berücksichtiung aller bekannten Informationen eher zu einem stärkeren Verdacht gegen die Rebellen als gegen die syrische Regierung. Diese Einschätzung gilt insbesondere dann, wenn die Äußerungen von Carla Del Ponto, Mitglied der UN  Kommission zur Untersuchung möglicher Giftgaseinsätze in Syrien, in Erinnerung gerufen werden:

 

Carla Del Ponto erklärte öffentlich, dass ein konkreter Verdacht bestehe, dass in Syrien Saringas durch die Rebellen selbst eingesetzt worden sei. Carla Del Ponto berief sich auf die laufende UN-Untersuchung und vorliegende Zeugenaussagen. Diese Zeugenaussagen werden aber seither der Öffentlichkeit vorenthalten. 

 

Statt unabhängiger Untersuchung und Beweise gibt es für die Öffentlichkeit Beweis-Präsentationen der US-Regierung, die in Pressekonferenzen stattfinden. Bizarr an das Verhalten der US-Regierung unter dem früheren Präsidenten George W. Bush erinnernd, kontrastiert die Sicherheit der Urteile mit einem Mangel an Substanz.

 

Es wird von Beweisen gesprochen, vorgelegt werden sie nicht. Quellen werden geheim gehalten, Untersuchungsbefunde nicht veröffentlicht, alternative Verursacher nicht erwogen, sondern von vornherein ausgeschlossen. Ein Einsatz von Giftgas durch die Rebellen ist nach US-Lesart undenkbar, wobei der Grund für diese Undenkbarkeit nicht erläutert wird. Dies ist es nicht, was unter Unabhängigkeit einer Untersuchung und unter der Schlüssigkeit einer Beweiskette gemeinhin verstanden wird.  

 

Derweil schweigt Carla Del Ponte.

 

Es schweigt jedoch nicht nur Carla Del Ponte selbst , sondern auch unsere Medien scheinen ihre Äußerungen vergessen zu haben. Dabei sollten wir uns gerade jetzt an Carla Del Ponte erinnern und nachfragen, auf welcher Basis eine international renommierte Juristin und ein Mitglied der UN-Kommission zur Untersuchung eines Giftgaseinsatzes in Syrien öffentlich von einem möglichen Saringaseinsatz durch die syrischen Rebellen sprechen konnte? Bis heute wurde der Öffentlichkeit keine Chance gegeben, diese Frage zu beantworten.

 

Das anhaltende Schweigen von Carla Del Ponte und die fehlenden Nachfragen der Medien sind gerade jetzt, wo alles auf eine weitere militärische Eskalation hinsteuert, unverständlich. Ergebnis könnte sein, dass am Ende ein Giftgaseinsatz nicht bestraft, sondern belohnt wird, indem seine Verursacher vor einer militärischen Niederlage durch einen US-Militärschlag geschützt werden. Nach allem, was derzeit an Belegen und Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, ist dies keine abseitige, sondern eine durchaus nicht unwahrscheinliche Möglichkeit.

 

Würde Carla Del Ponte ihr Schweigen brechen, würden unsere Medien ihre Kontrollfunktion als dritte Gewalt ernster nehmen und nachhaken, hätten die Bevölkerungen der involvierten Staaten die Chance, nicht blind, sondern sehenden Auges entweder gemeinsam mit ihren Regierungen in den Krieg zu ziehen oder gemeinsam gegen ihn aufzustehen.

 

Das Verhalten der US-Regierung in der Syrienfrage macht auf einer allgemeineren Ebene deutlich, dass bei Themen von Krieg und Frieden auch in den demokratischen Staaten die Öffentlichkeit von den Trägern der politischem Macht mehr als Hindernis und Risikofaktor, denn als Basis und Träger der politischen Entscheidung betrachtet zu werden scheint. Damit wird aber letztlich den Menschen de facto das Möglichkeit genommen, in informierter Entscheidung über die Politik ihres Landes zu bestimmen. Das Agieren der US-Regierung in der Syrienfrage erinnert insofern nicht nur an das Verhalten der Vorgängerregierung unter George W. Bush, sondern es rüttelt darüber hinaus an das Basis von Freiheit und Demokratie, die nur auf der Grundlage einer informierten Öffentlichkeit möglich sind.

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