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Menschenrechte zwischen den Fronten

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Die Vertreter der verschiedenen Reiche oder Achsen des Guten oder Bösen glauben, dass der jeweils andere böse und sie selbst gut seien. Wem aber die Menschenrechte am Herzen liege, der muss sich vor ihnen hüten, egal auf welcher Seite sie stehen. Echte Freunde der Menschenrechte stehen zwischen den Fronten. Denn an allen Fronten wird Blut vergossen.

 

Dies mögen einige Beispiele aufzeigen:

 

-  zu verurteilen sind Entführungen, Folter, Mord und Flugzeugabschüsse durch die ukrainischen Aufständischen. Ebenso zu verurteilen sind aber die Blockade ganzer Städte, der Raketenbeschuss ziviler Orte und der Versuch der Regierung in Kiew einen inneren Konflikt zwischen Bevölkerungsteilen mit einem militärischen Sieg lösen zu wollen.

 

- zu verurteilen sind die Raketen der Hamas, die völlig unpräzise jeden gefährden, dem sie sich in Israel nähern und die damit Angst und Schrecken im ganzen Land erzeugen. Auch der Hass gegen Juden und die Ablehnung des Existenzrechtes Israel können nur verurteilt werden. Aber der Krieg Israels gegen Gaza, die Zerstörung der zivilen Infrastruktur, der Angriff auf Krankenhäuser und Schulen, die Massaker an Frauen, Kindern und Männern, Gesunden und Kranken, Alten und Jungen sind ebenso zu verurteilen.

 

-  zu verurteilen sind die barbarischen Verbrechen des Assad-Regimes, die Verfolgung aller politischen Gegner, die indiskriminative Bombardierung ganzer Ortschaften, Folter und Terror. Genauso zu verurteilen sind die barbarischen Verbreche der militärischen Gegner des Assad-Regimes, die Exekutionen, Folterungen, Zerstörungen. Zu verurteilen sind auch all diejenigen, die die militärische Eskalation wollten und förderten und damit ein ganzes Land in eine Menschenrechtskatastrophe ungeheuerlichen Ausmaßes stürzten.

 

-  zu verurteilen war der Gewaltherrscher Gaddafi in Libyen. Zu verurteilen sind aber auch die, die ihn stürzten. Gegen das Inferno, was sie erzeugten, war Libyen zuvor ein Ort des Lichts. Libyen heute: Eine ganze Stadt geleert von ihren schwarzen Bewohnern (Anmerkung: Tawergha), die seither in Flüchtlingslagern wie Freiwild leben, vogelfrei den Milizen ausgesetzt. Abertausende verschleppt, in Privatgefängnissen wie Sklaven gehalten, missbraucht, gefoltert, exekutiert. Ein ganzes Volk ohne Recht auf die basalste Sicherheit. Das haben die Nato-Bomben geschaffen. Seither haben sie Libyen verlassen. Die Ratten verlassen das sinkende Schiff, die verzweifelten Menschen müssen bleiben, oder unter Lebensgefahr versuchen, über die Grenzen zu fliehen. Wo sind jetzt die großartigen Menschenrechtskrieger geblieben, die erklärten, mit Bomben dem Volk in Libyen beistehen zu wollen? Wo ist Marieluise Beck von den Grünen, die in den Nato-Bomben die Lektion aus dem Holocaust sehen wollte? Wo ist die Selbstkritik der Medien, die für das Bombardement die Meinungsbasis schufen? Wer übernimmt die Verantwortung für die Zerstörung eines ganzen Landes, für grassierenden Mord, massenhafte Folter, ethnische Vertreibungen und brennende Treibstofflager? Wo sind sie, die alle warnenden Stimmen überhörten und sich jetzt durch Schweigen aus der Verantwortung stehlen?

 

-  zu verurteilen waren fraglos der Massenmörder Saddam Hussein und der Kinder in den Krieg hetzende Ruhollah Chomeini im Iran. Ganz genau so sind diejenigen zu verurteilen, die den Krieg am Laufen hielten, beiden Seiten Waffen lieferten und selbst damit nicht stoppten, Saddam Hussein zu beliefern, als dieser seine kurdische Bevölkerung mit Giftgasangriffen vernichten ließ. Sie sind auch für das zu verurteilen, was sie nunmehr geschaffen haben. Irak stürzt in den Abgrund, wird eingenommen von rasenden Banden wahnsinniger Fundamentalisten, denen nichts mehr entgegensteht, weil jahrelange Unterdrückung, Unrecht und Verelendung der Bevölkerung den Widerstandsgeist gegen diese neue Bedrohung genommen haben.

 

-  zu verurteilen sind die autokratischen Tendenzen des Wladimir Putin, nicht rechtsstaatliche Gerichtsverfahren in Russland, die Lagerhaft unter schwersten Bedingungen, die Homophobie und die Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Ebenso zu verurteilen sind die durch den aktuellen amerikanischen Präsidenten eskalierte Verfolgung von Whistleblowern, die Misshandlung der Chelsea Manning und ihre Verurteilung zu jahrzehntelanger Haft, weil sie amerikanische Kriegsverbrechen öffentlich machte, die massenhafte Überwachung der gesamten Weltbevölkerung in einem Ausmaß, welches die Basis von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zum Einsturz bringt, die Haftbedingungen in vielen US amerikanischen Gefängnissen, die denen in Russland nichts nachstehen, oder das unbeirrte Festhalten an Exekutionen, selbst wenn diese zu stundenlangen Todeskämpfen führen.

 

-  zu verurteilen ist der Terror der Boko Haram in Nigeria, der fast die Grenze des Vorstellbaren übersteigt. Ebenso zu verurteilen ist die nigerianische Armee, wenn sie tatsächlichen oder vermeintlichen Mitgliedern von Boko Haram die Kehlen aufschneidet und sie in Massengräbern verscharrt. Das eine Unrecht rechtfertigt nicht das andere Unrecht. Nur Verbrecher begründen ihre Verbrechen mit Verbrechen. 

 

-  zu verurteilen ist der  Terror der al-Qaida. Er ist massenmörderisch, grausam und unerträglich. Zu verurteilen ist auch, wenn durch die USA in einem Krieg gegen den Terror Menschen mit Drohnen hingerichtet werden und dabei unzählige Zivilisten als Kollateralschäden einkalkuliert oder gar wegkalkuliert werden, indem sie zu feindlichen Kämpfern erklärt werden, selbst wenn sie bevor sie starben unbewaffnete Kinder waren. Zu verurteilen sind alle Staaten und Regierungen, die hiermit kollaborieren oder wegschauen.

 

-  zu verurteilen ist der Antisemitismus in jeder Form. Angriffe auf Juden sind nicht nur inakzeptabel, sondern verbrecherisch. Sie sähen Hass und stehen im Geiste von Faschismus und Nationalsozialismus. Sie sind kein Kavaliersdelikt und sie haben keinerlei Rechtfertigung. Ebenso zu verurteilen ist der wachsende Moslem-Hass, der auf Plattformen, wie Politically Incorrect, gesät wird und woraus Männer, wie der norwegische Attentäter Anders Behring Breivik entstehen. Wir dürfen den Sarrazinen keinen Raum geben und wir dürfen uns mit den Brandstiftern nicht verbünden, wie Ralph Giordano dies in dem Moment tat, wo er die Abschiebung des Generalsekretärs des Zentralrats der Muslime in Deutschland Aiman Mazye forderte, wo doch nicht Abschiebung, sondern Diskussion und Verständigung gefragt war. 

 

Die politische Führung welchen Landes, die Position welcher Partei, die Ausrichtung welcher Zeitung, ob in Ost oder West, würden allen diesen Aussagen zustimmen?

 

Keine -  dies ist der tragische Stand der Menschenrechte in der gegenwärtigen Welt. Wir sind weit entfernt von einer Welt, in der Menschenrechte nicht nur vom Gegner eingefordert, sondern allseits anerkannt und praktiziert werden.  Die eifrigsten Verfechter der Menschenrechte sind in Wirklichkeit ihre ärgsten Feinde. Der Mensch möchte nicht zwischen allen Stühlen stehen, aber wer für die Menschenrechte einsteht, für den gibt es hierzu keine Alternative.

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