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Massenmord in Frankreich: Verbrechen gegen alle Maßstäbe der Menschlichkeit

(Kommentare: 1)

Unmenschliche Tat gegen alle Andersdenkenden

 

Aller Wahrscheinlichkeit nach islamistisch motivierte Attentäter, nach ersten vorläufigen Informationen Syrienheimkehrer, haben heute in Frankreich einen grausamen Massenmord verübt. Sie exekutierten den Chefredakteur und zahlreiche weitere Journalisten und Mitarbeiter des französischen Satiremagazins „Charlie Hebdo“, welches sich nicht hatte einschüchtern lassen, für die Meinungsfreiheit, auch den Islam betreffend, mit Karikaturen zu streiten. Auf der Flucht schossen sie einen Polizisten an, den sie nachfolgend, als dieser um Gnade bat, ebenso gnadenlos exekutierten. Zuvor hatten sie sich als Anhänger der al Qaida bezeichnet, „Gott ist groß“ und „Wir haben den Propheten gerächt“ gerufen.

 

Religionsübergreifender Fanatismus

 

Der Anschlag erinnert in seiner Grausamkeit, dem geplanten Kalkül, der Kaltblütigkeit und der menschenverachtenden Zielstellung an den Attentäter Anders Behring Breivik, der 77 Menschen, mehrheitlich Teilnehmer eines Zeltlagers der sozialdemokratischen Jugendorganisation AUF, ebenso ungerührt exekutierte wie es nun die Attentäter von Paris getan haben.

 

Blanker Fanatismus und Extremismus sind die Hintergründe beider Taten. So wie der norwegische Attentäter Breivik in seinem wahnnahen Gedankensystem unkorrigierbar glaubte, dass der Islam Europa zerstören wolle und er die christlich-jüdische Kultur verteidigen müsse, so glauben auch Islamisten – nur mit umgekehrter Perspektive – dass das Christentum, das Judentum, die Ungläubigen, zu denen sie auch alle Muslime zählen, die ihren Fanatismus nicht teilen, den Islam zerstören wollen.  

 

Zusammenschluss der Zivilgesellschaft

 

Gegen Extremismus, Terror und Unmenschlichkeit kann nur der Zusammenschluss der Zivilgesellschaft, die Solidarität aller, die sich zwar streiten mögen, aber am Recht des anderen auf Existenz und Meinungsfreiheit nicht zweifeln, helfen. In Zeiten zunehmenden Religions- und Fremdenhasses geht es gerade jetzt um den Zusammenschluss aller Christen, Juden, Muslime, Agnostiker und Atheisten gegen die Hassprediger und den Terrorismus, der durch Hasspredigten, Ausgrenzung und Vereinseitigung erzeugt wird. Staat und Gesellschaft müssen mit Solidarisierung und der strikten Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien reagieren, denn dies ist es, was sie vom Terrorismus unterscheidet.  

 

Die Zivilgesellschaft darf sich nicht spalten lassen, sondern muss sich zusammenschließen und diesen Zusammenschluss umso mehr vertiefen, je mehr Hassprediger und Terroristen versuchen ihn zu sprengen, um die Völker und Religionen gegeneinander in einen blutigen Vernichtungskrieg zu hetzen.

 

Bei allem Schock über die aktuelle Barbarei von Paris, bei allem Entsetzen über das Ausmaß der zutage tretenden Unmenschlichkeit, bei aller Besorgnis über die Sachlage, dass das, was die Völker in Syrien, Irak, Libyen, Nigeria heimsucht, auch vor unseren Grenzen nicht haltmacht, gibt es doch Anlass zur Hoffnung:

 

In der Bundesrepublik Deutschland haben alle relevanten Islam-Verbände den ISIS-Terror auf das schärfste verurteilt (z.B. Liberal - Islamischer Bund e.V., gemeinsame Erklärung des Zentralrat der Muslime in Deutschland und des Islamrat fuer die Bundesrepublik DeutschlandUnterstützung dieser Erklärung durch die Deutsche Muslim-Liga,Erklärung des Verband islamischer Kulturzentren, Position der Islamischen Religionsgemeinschaft). Mehr als 2000 muslimische Gemeinden beteiligten sich an den Protesten gegen den Terror. Sie haben deutlich gemacht „Nicht in unserem Namen“. Weltweit haben Muslime ihren Protest gegen den Terror erklärt und die einflussreichsten und renommiertesten islamischen Gelehrten haben den ISIS-Terror als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den Islam demaskiert. Tatsächlich sind die Mehrheit der Opfer der ISIS Muslime und gleichzeitig sind es mehrheitlich Muslime, die unter der Gefahr für ihr Leben gegen die ISIS in den Ländern kämpfen, in denen sie in den letzten Monaten zunehmend an Boden gewonnen hat.

 

Umgekehrt solidarisieren sich in diesen Tagen Juden und Christen, aber auch der Schwulen- und Lesbenverband mit den Muslimen, die durch Hassprediger in unserem Land angegriffen werden, die versuchen den Menschen gegen alle Tatsachen weißzumachen, dass ISIS der Islam sei und dass die in Westeuropa lebenden Muslime sich dazu verschworen hätten, die Demokratie abzuschaffen und Westeuropa zu islamisieren. Ein Freund des durch die Terroristen exekutierten Mitbegründers des Satirejournals Jean Cabut fürchtet laut Reuters, dass Anschlägte sich verschärfen werden und dass durch diese Anschläge die rechtsradikale Front National profitieren wird. 

 

Der Anschlag von Paris lässt niemanden kalt, der sich die Menschlichkeit bewahrt hat. Selbstverständlich betrifft dies ebenso Menschen mit muslimischem Glauben wie Christen, Juden, Agnostiker und Atheisten.

 

Reaktionen von muslimischen Organisationen und Personen

 

 In Frankreich spricht der Präsident des Französischen Verbandes von Menschen mit muslimischen Glauben (CFCM) von einem "immens barbarischen Akt gegen die Demokratie und die Pressefreiheit. Die Täter könnten nicht behaupten, echte Muslime zu sein.  

 

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland erklärt:

 

"Wir verurteilen diesen abscheuliche Terroranschlag aufs Schärfste. Wir sind erschüttert und schockiert über das Massaker, das an Zeitungsredakteuren und anderen Personen verübt wurde und wir trauern mit den Hinterbliebenen.  Es gibt in keiner Religion und keiner Weltanschauung auch nur einen Bruchteil einer Rechtfertigung für solche Taten. Dies ist ein feindlicher und menschenverachtender Akt gegen unsere freie Gesellschaft. Durch diese Tat wurde nicht unser Prophet gerächt, sondern unser Glaube wurde verraten und unsere muslimischen Prinzipien in den Dreck gezogen. Es ist zu befürchten,  dass der Anschlag neues Wasser auf die Mühlen von Extremisten jeglicher Couleur sein wird. Wir rufen alle dazu auf, dem perfiden Plan der Extremisten nicht auf dem Leim zu gehen, die die Gesellschaft spalten,  Hass und Zwietracht zwischen den Religionen schüren und die überwältigende Mehrheit der friedlichen Gläubigen zu Paria der Gesellschaft machen wollen. Die Attentäter von Paris müssen schnell gefasst und vor Gericht gestellt werden".

 

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) spricht von einem "Angriff auf die Menschheit", der "niederträchtig" und "absolut inakzeptabel" sei:

 

"Am heutigen Tage um 11 Uhr hat sich in der französischen Hauptstadt Paris bei dem Satiremagazin "Charlie Hebdo" ein terroristischer Akt ereignet. Diesen grausamen Angriff auf „Charlie Hebdo " verurteilt die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) auf das Schärfste. Diesen Terroranschlag, bei dem insgesamt 12 Menschen, einschließlich zwei Polizisten, ihr Leben verloren und viele verletzt wurden, bewerten wir als Angriff auf die Menschheit. Dies ist niederträchtig und absolut inakzeptabel.  Unser aller Schöpfer gebietet die Achtung seiner vielfältigen Schöpfung. Die Unverletzlichkeit des Menschen, seiner Würde und seiner Integrität sind darin zentral.  Wir teilen den Schmerz der Menschen in Frankreich und der Angehörigen derer, die bei diesem terroristischen Angriff ihre Leben verloren haben."

 

Der Liberal-Islamische Bund betont, dass dies Verbrechen durch keine Ideologie oder Religion zu rechtfertigen sei und dass die Meinungsfreiheit ein hoher Wert sei, den auch Muslime nicht beeinträchtigt wissen wollten:

 

"Mit großer Erschütterung hat der LIB e.V. vom Anschlag auf die Satirezeitschrift ‚Charlie Hebdo’ in Paris Kenntnis genommen und distanziert sich auf das Entschiedenste davon. Gleich welchen Hintergrund dieses Verbrechen hat, so kann niemand das mit irgendeiner Ideologie oder Religion rechtfertigen. Die Meinungsfreiheit ist ein hoher Wert, den auch wir als Muslim_innen hoch schätzen und nicht beeinträchtigt wissen wollen. Unsere Gedanken gelten den Opfern und den Hinterbliebenen."

 

Der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) äußert:

 

Der Verband der Islamischen Kulturzentren verurteilt den feigen Anschlag auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ in Paris, bei dem 12 Menschen getötet wurden, auf das Schärfste. Terror hat keinen Platz in irgendeiner Religion und ist mit islamischen Werten nicht vereinbar. Wir verurteilen diesen feigen Akt auf das Schärfste. Unser Beileid und tiefstes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen“.

 

Die Alewitische Gemeinde in Deutschland positioniert sich unter dem Titel "Wir sind Charly", bringt ihr Bestürzen, ihr Entsetzung und ihre Unterstützung für das Recht auf Meinungsfreiheit und Satire zum Ausdruck:

 

" Wir sind tief bestürzt und entsetzt über den barbarischen Angriff gestern auf die Redaktionsräume des Satiremagazins Charlie Hebdo in Paris. Ein solch mutwilliger Angriff auf Menschenleben lässt sich durch keine Weltanschauung rechtfertigen! Satire muss uns als Gesellschaft immer wieder auch einen Spiegel vors Gesicht halten dürfen, um Missstände, Probleme und Herausforderungen in unserer Mitte, die wir angehen müssen, anzuprangern. Als Demokratinnen und Demokraten, als Menschen, als Gesellschaft, müssen wir diesen beißenden Spott und diese Überspitzungen aushalten können. Mehr noch: Wir sollten uns selbst immer wieder die Frage stellen, ob sich nicht im Kern dieser Satire ein Ansatzpunkt finden lässt, damit wir uns individuell und als Gesellschaft immer wieder neu aufstellen können. Charlie Hebdo nahm in seiner Satire nie ein Blatt vor den Mund und dabei religiöse Fanatiker, Politiker, Unternehmer und Rechtsextreme – gleich welcher Couleur – mit immer gleich spitzer Feder aufs Korn. Obwohl das Satiremagazin seit dem Abdruck der Mohammed-Karikaturen des dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard immer wieder bedroht und angegriffen wurde und einzelne Mitarbeiter wie der gestern ebenfalls getötete Zeichner Stéphane Charbonnier („Charb“) unter Polizeischutz standen, ließ sich das Magazin nie mundtot machen. Diesem mutigen Einsatz für die Verteidigung der freien Meinungsäußerung und der journalistischen Freiheit gebührt unser vollster Respekt! Jeder von uns, der diese Werte teilt, ist heute und für die Zukunft ein Charlie Hebdo! Unser herzlichstes Beileid gilt den Angehörigen der Getöteten, die bis zuletzt diesen Werten und Überzeugungen treu geblieben sind."

 

Die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands sprechen von einem grausamen Terrorakt, der alle Andersgläubigen oder Andersdenkenden betreffe und den Propheten verhöhne und beleidige:

 

"Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Barmherzigen! Die islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden in Deutschland verurteilt den terroristischen Anschlag in Paris aufs Schärfste. Unsere Gedanken sind bei den Hinterbliebenen und bei der französischen Bevölkerung, die wir zu Besonnenheit aufrufen. Die Wellen des im Nahen Osten wütenden Terrorismus erreichen nun auch Europa. Dieser Terror unterscheidet nicht zwischen den Menschen und trifft jeden Andersgläubigen oder Andersdenken. Religiöse Minderheiten, auch Anhänger des Islam, werden dort verfolgt und getötet. Mit diesem grausamen Akt haben die Attentäter den Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm und seiner Familie) und die von ihm verkündete reine Religion des Islam mehr verhöhnt und beleidigt, als es die Karikaturisten je vermochten. Dieses Attentat ist ein Akt gegen die Menschlichkeit und zugleich ein Angriff gegen die Werte des Islam. Wir rufen alle, auch hier in Deutschland dazu auf, nicht die falschen Signale zu senden. Die Folge aus diesem Attentat muss mehr Solidarität, Dialog und Annäherung sein. Die Gesellschaft darf nicht auseinanderdividiert werden, denn dadurch wird der Boden für Extremisten jeglicher Couleur genährt. Verantwortungsvolles Handeln ist gefragter denn je".

 

Am Donnerstag, den 08.02.2015, besuchte eine Delegation von Imanen den Tatort und verurteilten den Anschlag mit aller Entschiedenheit. Der Iman des Pariser Stadtteils Dancy bezeichnete die Täter als "Kriminelle", "Barbaren", "Teufel". Ihr Hass und ihr Barbarismus habe nichts mit dem Islam zu tun. 

 

Unter den Demonstranten, die ihre Solidarität mit den Opfern der Terroristen zum Ausdruck brachten, waren auch - so berichtet der Guardian -  viele Muslime, die ebenso mit Entsetzen und Abscheu auf diese Tat blicken wir ihre nicht-muslimischen Landsleute. Die Solidarität gilt uneingeschränkt allen Opfern, wobei auch zwei Muslime zu den 12 Ermordeten gehören. 

 

Wider die Instrumentalisierung von Terroranschlägen

 

Diejenigen, die auf der einen oder anderen Seite auf Hass und Spaltung zwischen den Völkern und Religionen setzen, versuchen, von Anschlägen, wie dem diesen, zu profitieren. Sie werden auch hier den Anschlag zum Anlass nehmen, um Menschen gegeneinander aufzuhetzen und nicht Terroristen, sondern den Islam für den Anschlag verantwortlich zu machen. Sie werden versuchen, den Anschlag zu nutzen, um Ausgrenzung, Fremdenfeindschaft und die Abschottung Europas gegen das durch Europa mitverursachte Leid in dieser Welt voranzutreiben. Sie werden für die Opfer öffentlich Krokodilstränen vergießen, um sich heimlich über diese Untat zu freuen und die Opfer für ihren Kampf gegen Völkerverständigung und Toleranz zu instrumentalisieren.

 

Je mehr es aber der Zivilgesellschaft gelingt, ihren Zusammenschluss zu bewahren, je klarer sie sich gegen die Nutzung von Terroranschlägen für politische Zwecke verwendet und je mehr Menschen unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen zusammen finden, desto eher werden die Terroristen und die Hassprediger aller Couleur, die die Entstehung des Terrorismus fördern, eine Niederlage erleiden.

 

Artikel aktualisiert und erweitert am 08.01.2015

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Kommentar von Birgit Huschl |

Terror hat keinen Platz in irgendeiner Religion!!